Gesetzentwurf
des Landeshundegesetz - LHundG NRW
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dokument Nr. 13/2387
LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 13/2387
13. Wahlperiode
11.03.2002
A Problem
Die in der Vergangenheit aufgetretenen und immer wieder auftretenden schwerwiegenden
Vorfälle, bei denen Personen, insbesondere Kinder Hundegesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeshundegesetz - LHundG NRW) und
ältere Menschen von Hunden angegriffen, schwer verletzt oder getötet
wurden, machten es erforderlich zum Schutz der Bevölkerung die Landeshundeverordnung
(LHV NRW) vom 30. Juni 2000 (GV. NRW. S. 518 b) zu erlassen. Damit wurden in
Nordrhein-Westfalen für die Haltung näher bestimmter gefährlicher
Hunde und größerer Hunde präventive ordnungsrechtliche Pflichten
und für den Umgang mit diesen Hunden präventive Verhaltenspflichten
festgelegt. Die Regelungsansätze in der LHV NRW haben in Nordrhein-Westfalen
zu einem Rückgang schwerwiegender Beißvorfälle und bei den Hundehaltern
zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit ihren Hunden geführt.
Im Rahmen ihrer Regelungskompetenz für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung haben alle Länder Gesetze oder Verordnungen zum Schutz der
Bevölkerung vor gefährlichen Hunden geschaffen. Angesichts der zahlreichen
unterschiedlichen Regelungsansätze in den einzelnen Ländern hat die
Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK)
am 07./08. November 2001 die Notwendigkeit einer Harmonisierung bekräftigt
und Eckpunkte beschlossen, die Grundlage für eine solche Vereinheitlichung
sein sollen. Zudem hält die IMK das Eckpunktepapier des Arbeitskreises
für Tierschutz und des Arbeitskreises I der IMK vom 20. September 2001
zu rassebedingten Gefährlichkeitsvermutungen für eine geeignete Grundlage
zur Weiterentwicklung der Länderregelungen.
B Lösung
Zur Erhöhung der Rechtssicherheit, zur Erreichung größerer demokratischer
Legitimation sowie zur Aufnahme einer Strafvorschrift und Ermöglichung
höherer Bußgeldrahmen soll eine neue Regelung durch formelles Landeshundegesetz
(LHundG NRW) erfolgen. Das Gesetz soll in Bezug auf gefährliche Hunde den
IMK-Beschluss zur Vereinheitlichung der Länderregelungen zum Schutz der
Bevölkerung vor gefährlichen Hunden für Nordrhein-Westfalen weitgehend
umsetzen, ohne das durch die LHV NRW geschaffene und erforderliche Schutzniveau
abzusenken. Das Gesetz trägt den berechtigten Sicherheitsinteressen der
Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen gebührend Rechnung
und ermöglicht alljenen Bürgern den Umgang mit Hunden in einem rechtlich
angemessenen Rahmen, die verantwortungsbewusst, sachkundig und mit großer
Hingabe Hunde halten.
Inhaltlich entsprechen die vorhandenen nach der Gefährlichkeit von Hunden
gestuften ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente der LHV NRW weitgehend den
Empfehlungen des IMK-Beschlusses und sollen beibehalten werden. Änderungen
erfolgen hinsichtlich des Umfangs der sog. Rasselisten, zur Reduzierung und
Vereinfachung des Vollzugs durch die Kommunen und unter Berücksichtigung
aktueller obergerichtlicher Rechtsprechung zu Regelungen anderer Länder.
Um eine weitgehende Kontinuität des Vollzugs gegenüber der LHV NRW
zu gewährleisten und um Hundehalterinnen oder Hundehalter und zuständige
Behörden nicht mit wiederholenden Verwaltungsaufwand zu belasten, werden
weitgehende Übergangsvorschriften erlassen. Dies ist auch in der Sache
gerechtfertigt, da im Rahmen des Vollzugs der LHV NRW die durch das Gesetz geforderten
Prüfungen bereits erfolgt und Verwaltungsentscheidungen ergangen sind.
So gelten die erteilten Erlaubnisse, ordnungsbehördliche Entscheidungen
zur Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht oder die Anzeige eines großen
Hundes fort. Auch die im Zusammenhang mit dem Vollzug der LHV NRW erbrachten
Nachweise über die Kennzeichnung des Hundes, zur Sachkunde und Zuverlässigkeit
sowie über das Vorliegen einer Haftpflichtversicherung für den Hund
werden bei dem Vollzug des Gesetzes anerkannt.
Über die Regelungen zu gefährlichen und großen Hunden hinaus
werden in das Gesetz allgemeine Grundpflichten für den Umgang mit Hunden
aller Rassen aufgenommen. Hierdurch soll ein für Hundehalterinnen und Hundehalter
zumutbarer und in der Sache angemessener Schutz von Menschen und Tieren vor
der Unberechenbarkeit von Hunden generell sichergestellt werden. Dies verdeutlicht
zugleich, dass es dem Gesetzgeber nicht um die Ausgrenzung bestimmter Hunderassen
geht.
C Alternativen
Die bundesweit angestrebte Rechtsvereinheitlichung könnte auch durch eine
Änderung der bestehenden LHV NRW erfolgen. Aufgrund der gesellschaftspolitischen
Bedeutung der Regelungsmaterie, aus Gründen der Rechtssicherheit und zur
Ermöglichung härterer Sanktionen sollten die Regelungen in Form eines
Gesetzes ergehen.
D Kosten
Das LHundG NRW knüpft an den Vollzug der LHV NRW an. Die Reduzierung der
Zahl erlaubnispflichtiger Hunderassen und verwaltungsvereinfachende Regelungen
werden zu einer Senkung der Kosten des Vollzugs für die öffentlichen
Haushalte führen. Die allgemeinen Grundpflichten für alle Hundehalter
werden von verantwortungsvollen Hundehaltern bereits jetzt erfüllt und
belasten die Rechtsunterworfenen nur unwesentlich.
E Auswirkungen auf die Kommunale Selbstverwaltung
Wie D.
F Zuständigkeit
Zuständig innerhalb der Landesregierung ist das Ministerium für Umwelt
und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, beteiligt sind das Innenministerium
und das Justizministerium.
Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeshundegesetz NRW LHundG NRW)
Vom 2002
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet
wird:
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Zweck des Gesetzes
§ 2 Allgemeine Pflichten
§ 3 Gefährliche Hunde
§ 4 Erlaubnis
§ 5 Pflichten
§ 6 Sachkunde
§ 7 Zuverlässigkeit
§ 8 Anzeige- und Mitteilungspflichten
§ 9 Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot, Unfruchtbarmachung
§ 10 Hunde bestimmter Rassen
§ 11 Große Hunde
§ 12 Anordnungsbefugnisse
§ 13 Zuständige Behörden
§ 14 Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder
§ 15 Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften
§ 16 Ordnungsbehördliche Verordnungen
§ 17 Ausnahmen vom Anwendungsbereich
§ 18 Einschränkung von Grundrechten
§ 19 Strafvorschrift
§ 20 Ordnungswidrigkeiten
§ 21 Übergangsvorschriften
§ 22 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
§ 1
Zweck des Gesetzes
Zweck dieses Gesetzes ist es, die durch Hunde und den unsachgemäßen
Umgang des Menschen mit Hunden entstehenden Gefahren abzuwehren.
§ 2
Allgemeine Pflichten
(1) Hunde sind so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von
ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.
(2) Hunde sind an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen
1. in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen
Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr,
2. in der Allgemeinheit zugänglichen umfriedeten oder anderweitig begrenzten
Park-, Garten- und Grünanlagen einschließlich Kinderspielplätzen
mit Ausnahme besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche,
3. bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen
Veranstaltungen mit Menschenansammlungen,
4. in öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kindergärten.
(3) Es ist verboten, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität
zu züchten, zu kreuzen oder auszubilden. Dies gilt nicht für Inhaber
einer Erlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung im Rahmen eines zugelassenen
Bewachungsgewerbes.
§ 3
Gefährliche Hunde
(1) Gefährliche Hunde im Sinne dieses Gesetzes sind Hunde, deren Gefährlichkeit
nach Absatz 2 vermutet wird oder nach Absatz 3 im Einzelfall festgestellt worden
ist.
(2) Gefährliche Hunde sind Hunde der Rassen Pittbull Terrier, American
Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier und deren Kreuzungen
untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden. Kreuzungen nach Satz
1 sind Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich
hervortritt. In Zweifelsfällen hat die Halterin oder der Halter nachzuweisen,
dass eine Kreuzung nach Satz 1 nicht vorliegt.
(3) Im Einzelfall gefährliche Hunde sind
1. Hunde, die entgegen § 2 Abs. 3 mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität
ausgebildet, gezüchtet oder gekreuzt worden sind,
2. Hunde, mit denen eine Ausbildung zum Nachteil des Menschen, zum Schutzhund
oder auf Zivilschärfe begonnen oder abgeschlossen worden ist,
3. Hunde, die einen Menschen gebissen haben, sofern dies nicht zur Verteidigung
anlässlich einer strafbaren Handlung geschah,
4. Hunde, die einen Menschen in Gefahr drohender Weise angesprungen haben,
5. Hunde, die einen anderen Hund durch Biss verletzt haben, ohne selbst angegriffen
worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher
Unterwerfungsgestik gebissen haben,
6. Hunde, die gezeigt haben, dass sie unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder
andere Tiere hetzen, beißen oder reißen.
Die Feststellung der Gefährlichkeit nach Satz 1 erfolgt durch die zuständige
Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt.
§ 4
Erlaubnis
Wer einen gefährlichen Hund hält oder halten will, bedarf der Erlaubnis
der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis wird nur erteilt, wenn die
den Antrag stellende Person
1. das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat,
2. die erforderliche Sachkunde (§ 6) und Zuverlässigkeit (§ 7)
besitzt,
3. in der Lage ist, den Hund sicher an der Leine zu halten und zu führen
(§ 5 Abs. 4 Satz 1),
4. sicherstellt, dass die der Ausbildung, dem Abrichten oder dem Halten dienenden
Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine ausbruchsichere und
verhaltensgerechte Unterbringung ermöglichen,
5. den Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung (§ 5 Abs. 5)
und
6. die fälschungssichere Kennzeichnung des Hundes mit einer elektronisch
lesbaren Marke (Mikrochip) nachweist.
(2) Die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes im Sinne des §
3 Abs. 2 oder des § 3 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 wird nur erteilt, wenn ein besonderes
privates Interesse nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an
der weiteren Haltung besteht. Ein besonderes privates Interesse kann vorliegen,
wenn die Haltung des gefährlichen Hundes zur Bewachung eines gefährdeten
Besitztums der Halterin oder des Halters unerlässlich ist.
(3) Soweit es zur Prüfung der Voraussetzung nach Absatz 1 Nr. 4 erforderlich
ist, hat die den Antrag stellende Person den Bediensteten der zuständigen
Behörde oder dem amtlichen Tierarzt den Zutritt zu dem befriedeten Besitztum,
in dem der gefährliche Hund gehalten wird oder gehalten werden soll, zu
ermöglichen und die erforderlichen Feststellungen zu dulden.
(4) Die Erlaubnis kann befristet erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden
werden; sie soll unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Auflagen
können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt
werden.
(5) Die Erlaubnis gilt im gesamten Landesgebiet. Im Falle des Wechsels des Haltungsortes
ist die für den neuen Haltungsort zuständige Behörde zur Rücknahme
oder zum Widerruf der Erlaubnis und zu Maßnahmen nach Absatz 4 Satz 2
befugt.
(6) Beim Führen von gefährlichen Hunden außerhalb des befriedeten
Besitztums hat die den Hund führende Person die Erlaubnis oder eine Kopie
mit sich zu führen und den zur Kontrolle befugten Dienstkräften auf
Verlangen auszuhändigen.
§ 5
Pflichten
(1) Innerhalb eines befriedeten Besitztums sind gefährliche Hunde so zu
halten, dass sie dieses gegen den Willen der Halterin oder des Halters nicht
verlassen können.
(2) Außerhalb eines befriedeten Besitztums sowie in Fluren, Aufzügen,
Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern sind gefährliche
Hunde an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen.
Dies gilt nicht innerhalb besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche. Gefährlichen
Hunden ist ein das Beißen verhindernder Maulkorb oder eine in der Wirkung
gleichstehende Vorrichtung anzulegen. Satz 3 gilt nicht für Hunde bis zur
Vollendung des sechsten Lebensmonats.
(3) Die zuständige Behörde kann für gefährliche Hunde im
Sinne des § 3 Abs. 2 auf Antrag eine Befreiung von der Verpflichtung nach
Absatz 2 Satz 1 und Satz 3 erteilen, wenn die Halterin oder der Halter nachweist,
dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten
ist. Für die in § 11 Abs. 6 und § 2 Abs. 2 genannten Bereiche
kann eine Befreiung von der Anleinpflicht nicht erteilt werden. Der Nachweis
ist durch eine Verhaltensprüfung bei einer für den Vollzug des Tierschutzgesetzes
zuständigen Behörde zu erbringen. § 4 Abs. 4, 5 und 6 gelten
entsprechend.
(4) Die Halterin oder der Halter muss in der Lage sein, den gefährlichen
Hund sicher an der Leine zu halten und zu führen. Eine andere Aufsichtsperson
darf außerhalb des befriedeten Besitztums einen gefährlichen Hund
nur führen, wenn sie die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr.
2 erfüllt, das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und in der Lage ist,
den gefährlichen Hund sicher zu halten und zu führen. Die Halterin,
der Halter oder eine Aufsichtsperson darf einen gefährlichen Hund außerhalb
des befriedeten Besitztums keiner Person überlassen, die die Voraussetzungen
des Satzes 2 nicht erfüllt. Das gleichzeitige Führen von mehreren
gefährlichen Hunden durch eine Person ist unzulässig.
(5) Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes ist verpflichtet,
eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Hund verursachten Personenschäden,
Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden mit einer Mindestversicherungssumme
in Höhe von fünfhunderttausend Euro für Personenschäden
und in Höhe von zweihundertfünfzigtausend Euro für sonstige Schäden
abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
(6) Die Abgabe oder Veräußerung eines gefährlichen Hundes darf
nur an Personen erfolgen, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 sind.
§ 6
Sachkunde
(1) Die erforderliche Sachkunde (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) besitzt, wer
über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen
Hund so zu halten und zu führen, dass von diesem keine Gefahr für
Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.
(2) Der Nachweis der Sachkunde ist durch eine Sachkundebescheinigung des amtlichen
Tierarztes zu erbringen.
(3) Als sachkundig nach Absatz 1 gelten
a. Tierärztinnen und Tierärzte sowie Inhaber einer Berufserlaubnis
nach § 11 der Bundes-Tierärzteordnung,
b. Inhaber eines Jagdscheines oder Personen, die die Jägerprüfung
mit Erfolg abgelegt haben,
c. Personen, die eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a des
Tierschutzgesetzes zur Zucht oder Haltung von Hunden besitzen,
d. Polizeihundeführerinnen und Polizeihundeführer,
e. Personen, die aufgrund einer Anerkennung nach § 10 Abs. 3 berechtigt
sind, Sachkundebescheinigungen zu erteilen.
§ 7
Zuverlässigkeit
(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) besitzen
in der Regel Personen nicht, die insbesondere wegen
1. vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit, Vergewaltigung,
Zuhälterei, Land- oder Hausfriedensbruchs, Widerstandes gegen die Staatsgewalt,
einer gemeingefährlichen Straftat oder einer Straftat gegen das Eigentum
oder das Vermögen,
2. einer Straftat des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden (§
143 StGB),
3. einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat,
4. einer Straftat gegen das Tierschutzgesetz, das Waffengesetz, das Gesetz über
die Kontrolle von Kriegswaffen, das Sprengstoffgesetz oder das Bundesjagdgesetz
rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft
der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. In die
Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher die Person auf behördliche
Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen ferner in der Regel Personen
nicht, die insbesondere
1. gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes, des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes,
des Waffengesetzes, des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des
Sprengstoffgesetzes oder des Bundesjagdgesetzes verstoßen haben,
2. wiederholt oder schwerwiegend gegen Vorschriften dieses Gesetzes verstoßen
haben,
3. auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen
Behinderung Betreute nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind
oder
4. trunksüchtig oder rauschmittelsüchtig sind.
(3) Zum Nachweis der Zuverlässigkeit hat die Halterin oder der Halter eines
gefährlichen Hundes ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde
nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen. Unberührt
bleibt die Befugnis der zuständigen Behörde, die nach dem Bundeszentralregistergesetz
zuständige Registerbehörde um Erteilung eines Führungszeugnisses
an Behörden zu ersuchen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 und 4
kann von der Halterin oder dem Halter die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen
Gutachtens verlangt werden.
§ 8
Anzeige- und Mitteilungspflichten
(1) Haltung, Erwerb, Abgabe eines gefährlichen Hundes und die Eigentumsaufgabe
hat die Halterin oder der Halter der zuständigen Behörde anzuzeigen,
ebenso den Umzug innerhalb des Haltungsortes und den Wegzug an einen anderen
Haltungsort sowie das Abhandenkommen und den Tod des Hundes. Im Falle des Wechsels
des Haltungsortes besteht die Anzeigepflicht auch gegenüber der für
den neuen Haltungsort zuständigen Behörde. Bei einem Wechsel in der
Person der Halterin oder des Halters sind Name und Anschrift der neuen Halterin
oder des neuen Halters anzuzeigen.
(2) Wer einen gefährlichen Hund veräußert oder abgibt, hat der
Erwerberin oder dem Erwerber mitzuteilen, dass es sich um einen solchen Hund
handelt.
(3) Bei einem Wechsel des Haltungsortes unterrichtet die bisher zuständige
Behörde die nunmehr zuständige Behörde über Feststellungen
nach § 3 Abs. 3 sowie die Erteilung von Erlaubnissen und Befreiungen.
§ 9
Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot, Unfruchtbarmachung
Zucht, Kreuzung und Handel mit gefährlichen Hunden im Sinne des §
3 Abs. 3 sind verboten. Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen
Hundes im Sinne des § 3 hat sicherzustellen, dass eine Verpaarung des Hundes
mit anderen Hunden nicht erfolgt. Die zuständige Behörde kann die
Unfruchtbarmachung eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 anordnen,
wenn gegen Satz 1 oder Satz 2 verstoßen wird.
§ 10
Hunde bestimmter Rassen
(1) Für den Umgang mit Hunden der Rassen Alano, American Bulldog, Bullmastiff,
Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano, Fila Brasileiro, Dogo Argentino,
Rottweiler und Tosa Inu sowie deren Kreuzungen untereinander sowie mit anderen
Hunden gelten § 4 mit Ausnahme von Absatz 2 und die §§ 5 bis
8 entsprechend, soweit in Absatz 2 nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Abweichend von § 5 Abs. 3 Satz 3 kann die Verhaltensprüfung auch
von einer oder einem anerkannten Sachverständigen oder einer anerkannten
sachverständigen Stelle durchgeführt werden.
(3) Abweichend von § 6 Abs. 2 kann die Sachkundebescheinigung auch von
einer oder einem anerkannten Sachverständigen oder einer anerkannten sachverständigen
Stelle erteilt werden.
§ 11
Große Hunde
(1) Die Haltung eines Hundes, der ausgewachsen eine Widerristhöhe von mindestens
40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg erreicht (großer Hund), ist
der zuständigen Behörde von der Halterin oder vom Halter anzuzeigen.
(2) Große Hunde dürfen nur gehalten werden, wenn die Halterin oder
der Halter die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit besitzt, den
Hund fälschungssicher mit einem Mikrochip gekennzeichnet und für den
Hund eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat und dies gegenüber
der zuständigen Behörde nachweist. Die Art und Weise der Überprüfung
der Zuverlässigkeit obliegt der zuständigen Behörde. § 5
Abs. 5 und § 6 Abs. 3 gelten entsprechend.
(3) Der Nachweis der Sachkunde kann auch durch die Sachkundebescheinigung einer
oder eines anerkannten Sachverständigen, einer anerkannten sachverständigen
Stelle oder von durch die Tierärztekammern benannten Tierärztinnen
und Tierärzten erteilt werden.
(4) Als sachkundig zum Halten von Hunden gelten auch Personen, die seit mehr
als drei Jahren vor Inkrafttreten dieses Gesetzes große Hunde halten,
sofern es dabei zu keinen tierschutz- oder ordnungsbehördlich erfassten
Vorkommnissen gekommen ist, und die dies der zuständigen Behörde schriftlich
versichert haben.
(5) Die zuständige Behörde kann die Beantragung eines Führungszeugnisses
zum Nachweis der Zuverlässigkeit anordnen, wenn Anhaltspunkte vorliegen,
die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Halterin oder des Halters begründen.
(6) Große Hunde sind außerhalb eines befriedeten Besitztums auf
öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen angeleint zu führen.
§ 5 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 12
Anordnungsbefugnisse
(1) Die zuständige Behörde kann die notwendigen Anordnungen treffen,
um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
insbesondere Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes, abzuwehren.
(2) Das Halten eines gefährlichen Hundes oder eines Hundes im Sinne des
§ 10 Abs. 1 kann untersagt werden, wenn ein schwerwiegender Verstoß
oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder
auf Grund dieses Gesetzes getroffener Anordnungen vorliegen, die Erlaubnisvoraussetzungen
nicht erfüllt sind, eine erforderliche Erlaubnis nicht innerhalb einer
behördlich bestimmten Frist beantragt oder eine Erlaubnis versagt wurde.
Das Halten eines großen Hundes im Sinne des § 11 Abs. 1 kann untersagt
werden, wenn ein schwerwiegender Verstoß oder wiederholte Verstöße
gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes getroffener
Anordnungen vorliegen, die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 nicht
erfüllt sind oder die Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich
bestimmten Frist der zuständigen Behörde nachgewiesen wurden. Mit
der Untersagung kann die Untersagung einer künftigen Haltung gefährlicher
Hunde, von Hunden im Sinne des § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 verbunden
werden. Im Falle der Untersagung kann angeordnet werden, dass der Hund der Halterin
oder dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben
ist.
(3) Mit Zustimmung des amtlichen Tierarztes kann die Einschläferung eines
zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leben oder Gesundheit sichergestellten
Hundes angeordnet werden, wenn im Falle seiner Verwertung im Sinne des §
45 Abs. 1 des Polizeigesetzes die Gründe, die zu seiner Sicherstellung
berechtigten, fortbestehen oder erneut entstünden, oder wenn die Verwertung
aus anderen Gründen nicht möglich ist.
§ 13
Zuständige Behörden
Zuständige Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind die örtlichen
Ordnungsbehörden, in deren Bezirk der Hund gehalten wird (Haltungsort).
Die ihnen nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben nehmen die Gemeinden als
Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr.
§ 14
Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder
Erlaubnisse, Befreiungen und Sachkundebescheinigungen, die von zuständigen
Stellen anderer Länder erteilt wurden, sollen von der zuständigen
Behörde anerkannt werden, wenn sie den in diesem Gesetz und auf Grund dieses
Gesetzes gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen.
§ 15
Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften
(1) Soweit dieses Gesetz oder nach diesem Gesetz erlassene ordnungsbehördliche
Verordnungen nicht Abweichendes bestimmen, gelten die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes.
(2) Regelungen in ordnungsbehördlichen Verordnungen der örtlichen
Ordnungsbehörden mit Bezug auf Hunde bleiben unberührt oder können
darin neu aufgenommen werden, soweit diese Vorschriften zu diesem Gesetz oder
zu den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen nicht in Widerspruch
stehen.
§ 16
Ordnungsbehördliche Verordnungen
(1) Die erforderlichen ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Ausführung
dieses Gesetzes erlässt das für das Veterinärwesen zuständige
Ministerium. Durch ordnungsbehördliche Verordnung können Bestimmungen
getroffen werden über
1. die Inhalte und das Verfahren der Verhaltensprüfung nach § 5 Abs.
3 Satz 3,
2. die Anforderungen an die Sachkunde der Personen, die einen gefährlichen
Hund, einen Hund im Sinne des § 10 Abs. 1 oder im Sinne des § 11 Abs.
1 halten wollen sowie über das Verfahren der Sachkundeprüfung,
3. die Voraussetzungen, das Verfahren und die Zuständigkeit für die
Anerkennung der Sachverständigen und sachverständigen Stellen, die
zur Erteilung einer Sachkundebescheinigung nach § 10 Abs. 3 und §
11 Abs. 3 berechtigt,
4. die Anforderungen an Inhalte und Verfahren einer Sachkundeprüfung durch
Sachverständige und sachverständige Stellen im Sinne von § 10
Abs. 3 und § 11 Abs. 3.
§ 26 Abs. 3 des Ordnungsbehördengesetzes gilt entsprechend.
(2) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium wird ermächtigt,
durch ordnungsbehördliche Verordnung über die in § 3 Abs. 2 und
§ 10 Abs. 1 genannten Rassen hinaus weitere Rassen zu bestimmen, deren
Haltung, Erziehung und Beaufsichtigung besondere Anforderungen zur Vermeidung
von Gefahren für Menschen und Tiere erfordert. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
§ 17
Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Dieses Gesetz gilt mit Ausnahme von § 2 Abs. 1 nicht für Diensthunde
von Behörden, Hunde des Rettungsdienstes oder Katastrophenschutzes, Blindenführhunde,
Behindertenbegleithunde, Herdengebrauchshunde und Jagdhunde im Rahmen ihres
bestimmungsgemäßen Einsatzes.
§ 18
Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes können eingeschränkt
werden
1. das Grundrecht der freien Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes),
2. das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes),
3. das Grundrecht auf Eigentum (Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes).
§ 19
Strafvorschrift
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft,
wer
1. Hunde auf Menschen oder Tiere hetzt,
2. entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität
ausbildet.
(2) In der Entscheidung kann angeordnet werden, dass der Hund, auf den sich
die Straftat bezieht, eingezogen wird. § 74 a des Strafgesetzbuches ist
anzuwenden.
§ 20
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen
1. § 2 Abs. 1 einen Hund nicht so hält, führt oder beaufsichtigt,
dass von diesem keine Gefahr für Menschen oder Tiere ausgeht,
2. § 2 Abs. 2 Hunde nicht an der Leine führt,
3. § 4 Abs. 3 den Zutritt zu dem befriedeten Besitztum nicht gestattet
oder Feststellungen nicht duldet,
4. § 5 Abs. 1 gefährliche Hunde oder Hunde im Sinne des § 10
Abs. 1 nicht so hält, dass diese ein befriedetes Besitztum nicht gegen
den Willen der Halterin oder des Halters verlassen können,
5. § 5 Abs. 2 Satz 1 gefährliche Hunde oder Hunde im Sinne des §
10 Abs. 1 nicht angeleint oder nicht an einer geeigneten Leine führt,
6. § 5 Abs. 2 Satz 3 gefährlichen Hunden oder Hunden im Sinne des
§ 10 Abs. 1 keinen Maulkorb oder eine in der Wirkung vergleichbare Vorrichtung
anlegt,
7. § 5 Abs. 4 Satz 1 als Halterin oder Halter nicht in der Lage ist, einen
gefährlichen Hund sicher an der Leine zu halten oder zu führen,
8. § 5 Abs. 4 Satz 2 als Aufsichtsperson einen gefährlichen Hund oder
Hund im Sinne des § 10 Abs. 1 führt, ohne die Voraussetzungen dafür
zu erfüllen,
9. § 5 Abs. 4 Satz 3 einen gefährlichen Hund einer Person überlässt,
die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht erfüllt,
10. § 5 Abs. 4 Satz 4 gleichzeitig mehrere gefährliche Hunde führt,
11. § 5 Abs. 5 einen gefährlichen Hund oder einen Hund im Sinne des
§ 10 Abs. 1 hält, obwohl der für die Haltung des gefährlichen
Hundes erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht,
12. § 5 Abs. 6 einen gefährlichen Hund oder einen Hund nach §
10 Abs. 1 an Personen abgibt, die nicht über die erforderliche Erlaubnis
verfügen,
13. § 8 Abs. 1 oder 2 Anzeige- oder Mitteilungspflichten nicht erfüllt.
14. entgegen § 9 Satz 2 nicht sicherstellt, dass eine Verpaarung seines
gefährlichen Hundes nicht erfolgt,
15. § 10 Abs. 1 die danach maßgeblichen Anforderungen des §
5 Abs. 4 nicht beachtet,
16. § 11 Abs. 1 die Haltung von Hunden im Sinne dieser Vorschrift nicht
anzeigt,
17. § 11 Abs. 2 Satz 1 einen Hund hält, ohne der zuständigen
Behörde die dort genannten Haltungsvoraussetzungen nachgewiesen zu haben,
18. § 11 Abs. 6 einen großen Hund unangeleint führt,
(2) Ordnungswidrig handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer
vollziehbaren Anordnung zur Unfruchtbarmachung nach § 9 Satz 3 oder einer
Anordnung nach § 12 zuwider handelt oder diese nicht befolgt.
(3) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 und 2 können mit einer Geldbuße
bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
(4) Hunde, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 oder Absatz 2
bezieht, können unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 2 Nr. 2 des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eingezogen werden.
(5) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes
über Ordnungswidrigkeiten ist die zuständige Behörde im Sinne
des § 13 dieses Gesetzes.
§ 21
Übergangsvorschriften
(1) Eine wirksame ordnungsbehördliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 der
Landeshundeverordnung (LHV NRW) vom 30. Juni 2000 (GV.NRW. S. 518 b) gilt als
Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 fort.
(2) Eine wirksame ordnungsbehördliche Entscheidung nach § 6 Abs. 4
LHV NRW zur Befreiung von der Maulkorbpflicht gilt als Befreiung nach §
5 Abs. 3 Satz 1 fort. § 5 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
(3) Eine Anzeige nach § 1 Abs. 2 LHV NRW gilt als Anzeige nach § 11
Abs. 1 fort. Im Zusammenhang mit dem Vollzug der LHV NRW erbrachte Nachweise
über die Kennzeichnung des Hundes, zur Sachkunde und Zuverlässigkeit
sowie über das Vorliegen einer Haftpflichtversicherung für den Hund
sind beim Vollzug dieses Gesetzes von den zuständigen Behörden anzuerkennen.
(4) § 4 Abs. 2 dieses Gesetzes gilt nicht für Personen, die bei In-Kraft-Treten
dieses Gesetzes einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 halten, sofern
nicht mit Bezug auf diesen Hund die Vorschrift des § 4 Abs. 3 der LHV NRW
gegolten hat.
§ 22
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig
tritt die Landeshundeverordnung (LHV NRW) vom 30. Juni 2000 (GV. NRW. S. 518
b) außer Kraft.
(2) Abweichend von Absatz 1 tritt der § 4 für Hunde der Rassen Alano
und American Bulldog sowie deren Kreuzungen untereinander und mit Hunden anderer
Rassen oder Mischlingen sechs Monate nach dem in Absatz 1 Satz 1 bestimmten
Zeitpunkt in Kraft.
B e g r ü n d u n g
Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen
(Landeshundegesetz NRW - LHundG NRW)
A Allgemeines
Die in der Vergangenheit aufgetretenen und immer wieder auftretenden schwerwiegenden
Vorfälle, bei denen Personen, insbesondere Kinder und ältere Menschen
von Hunden angegriffen, schwer verletzt oder getötet wurden, machten es
erforderlich zum Schutz der Bevölkerung die Landeshundeverordnung (LHV
NRW) vom 30. Juni 2000 (GV. NRW. S. 518 b) zu erlassen. Damit wurden in Nordrhein-Westfalen
für die Haltung näher bestimmter gefährlicher Hunde und größerer
Hunde präventive ordnungsrechtliche Pflichten und für den Umgang mit
diesen Hunden präventive Verhaltenspflichten festgelegt. Die Regelungsansätze
in der LHV NRW haben in Nordrhein-Westfalen zu einem Rückgang schwerwiegender
Beißvorfälle und bei den Hundehaltern zu einem verantwortungsvolleren
Umgang mit ihren Hunden geführt.
Im Rahmen ihrer Regelungskompetenz für die öffentliche Sicherheit
und Ordnung haben alle Länder Gesetze oder Verordnungen zum Schutz der
Bevölkerung vor gefährlichen Hunden geschaffen. Angesichts der zahlreichen
unterschiedlichen Regelungsansätze in den einzelnen Ländern hat die
Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK)
am 07./08. November 2001 die Notwendigkeit einer Harmonisierung bekräftigt
und Eckpunkte beschlossen, die Grundlage für eine Vereinheitlichung der
Länderregelungen zu gefährlichen Hunden sein sollen. Zudem hält
die IMK das Eckpunktepapier des Arbeitskreises für Tierschutz und des Arbeitskreises
I der IMK vom 20. September 2001 zu rassebezogenen Gefährlichkeitsvermutungen
für eine geeignete Grundlage zur Weiterentwicklung der Länderregelungen.
Zur Erhöhung der Rechtssicherheit, zur Erreichung größerer demokratischer
Legitimation sowie zur Aufnahme einer Strafvorschrift und Ermöglichung
höherer Bußgeldrahmen soll eine neue Regelung durch formelles Landesgesetz
erfolgen. Das Gesetz soll in Bezug auf gefährliche Hunde den IMK-Beschluss
zur Vereinheitlichung der Länderregelungen zum Schutz der Bevölkerung
vor gefährlichen Hunden für Nordrhein-Westfalen weitgehend umsetzen,
ohne das durch die LHV NRW geschaffene und erforderliche Schutzniveau abzusenken.
Das Gesetz trägt den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen
und Bürger in Nordrhein-Westfalen gebührend Rechnung und ermöglicht
alljenen Bürgern den Umgang mit Hunden in einem rechtlich angemessenen
Rahmen, die verantwortungsbewusst, sachkundig und mit großer Hingabe Hunde
halten.
Die nach der Gefährlichkeit und dem Gefährdungspotenzial von Hunden
abgestuften ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente der LHV NRW entsprechen
weitgehend den Empfehlungen des IMK-Beschlusses und sollen beibehalten werden.
Änderungen erfolgen hinsichtlich des Umfangs der sog. Rasselisten, zur
Reduzierung und Vereinfachung des Vollzugs durch die Kommunen und unter Berücksichtigung
aktueller obergerichtlicher Rechtsprechung zu Regelungen anderer Länder.
In das Gesetz werden sog. Rasselisten entsprechend den Empfehlungen der IMK
aufgenommen. Danach gelten aufgrund der Rassezugehörigkeit als gefährlich
Hunde der Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire
Bullterrier und Bullterrier und deren Kreuzungen. Für Hunde der genannten
Rassen hat der Bundesgesetzgeber bereits ein Einfuhr-, Verbringungs- und Zuchtverbot
erlassen. Die Annahme einer abstrakten Gefährlichkeit von bestimmten Hunderassen
ist zulässig und wurde von der Rechtsprechung überwiegend bestätigt.
Eine derartige Gefährlichkeit kann zuchtbedingt und durch rassespezifische
Merkmale wie z.B. die körperliche Konstitution (Größe, Gewicht,
Beißkraft, Muskelkraft, Sprungkraft) oder durch das Auffälligwerden
der entsprechenden Hunderassen in der Vergangenheit durch Beißvorfälle
sowie durch Aggressionsmerkmale (niedrige Beißhemmung, Beschädigungswille,
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe), begründet werden. Eine Aussage
über die individuelle Gefährlichkeit eines jeden Tieres dieser Rassen
wird damit nicht getroffen. Dem Gesetz- und Verordnungsgeber steht eine Einschätzungs-
und Entscheidungsprärogative bei der Bekämpfung von Gefahren durch
gefährliche Hunde zu, die eine an die Rassezugehörigkeit geknüpfte
Gefährlichkeitsvermutung rechtfertigt.
Darüber hinaus werden Hunde - unabhängig von ihrer Rasse - zu gefährlichen
Hunden, die aufgrund falscher Ausbildung oder durch tatsächliches, gefahrverursachendes
Fehlverhalten ihre Gefährlichkeit unter Beweis gestellt haben und deren
individuelle Gefährlichkeit nach einer amtstierärztlichen Begutachtung
durch die zuständige Behörde verbindlich festgestellt wurde.
Für den Umgang mit gefährlichen Hunden stellt das Gesetz folgende
strenge Anforderungen auf:
1. Erlaubnispflicht für die Haltung:
- Neue Haltungen nur bei Vorliegen eines besonderen privaten oder öffentlichen
Interesses,
- Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis sind Volljährigkeit
von Halterin oder Halter, Sachkundebescheinigung des Amtstierarztes, Zuverlässigkeitsnachweis
durch Führungszeugnis und Nachweis zur ausbruchsicheren Unterbringung,
Haftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssumme und Kennzeichnung des Hundes.
2. Verhaltenspflichten:
- Anleinpflicht außerhalb des befriedeten Besitztums (mit Ausnahme von
Hundeauslaufflächen) mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher Verhaltensprüfung,
- Maulkorbpflicht mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher Verhaltensprüfung,
- "feste Hand" von Halter und Aufsichtsperson,
- Sachkunde, Zuverlässigkeit und Volljährigkeit auch für Aufsichtspersonen,
- Verbot, mehrere gefährliche Hunde gleichzeitig zu führen,
- Mitteilungspflichten.
Verstöße können überwiegend als Ordnungswidrigkeiten mit
einer Geldbuße bis zu 100.000,-- EUR geahndet werden. Die Haltung eines
gefährlichen Hundes ohne Erlaubnis verwirklicht den Straftatbestand des
§ 143 Abs. 2 StGB.
Das Gesetz sieht - den Empfehlungen der IMK folgend - für 10 weitere Hunderassen
besondere Regelungen vor. Hunde dieser Rassen und deren Kreuzungen weisen -
ohne gefährliche Hunde zu sein - rassespezifische Merkmale auf, die ein
besonderes Gefährdungspotential begründen und unter präventiven
Gesichtspunkten besondere Anforderungen an den Umgang erfordern. Gefährdungsrelevante
Merkmale bei den bestimmten Rassen sind beispielsweise niedrige Beißhemmung,
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder ein genetisch
bedingter Schutztrieb.
Durch die Regelungen soll auch ein Ausweichen von Hundebesitzern aus einschlägigen
Kreisen auf Hunde dieser Rassen erschwert werden, die bisher überwiegend
in der Anlage 1 zur LHV NRW erfasst waren. Auf Empfehlung der IMK neu aufgenommen
wurden die Rassen Alano und American Bulldog.
Für Hunde der bestimmten 10 Rassen und deren Kreuzungen gelten Anforderungen
wie für gefährliche Hunde mit folgenden Modifikationen:
- Kein Zuchtverbot,
- kein besonderes Interesse für Haltung erforderlich,
- Verhaltensprüfung zur Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht nicht
unbedingt durch amtlichen Tierarzt, sondern auch durch anerkannte Stellen.
Durch eine Übergangsvorschrift ist sichergestellt, dass Erlaubnisse und
Entscheidungen über die Befreiung von der Maulkorbpflicht, die auf der
Grundlage der LHV NRW ergangen sind, fortgelten.
Nach Wegfall der Anlage 2 zur LHV NRW ist unter präventiven Gesichtspunkten
und zur Erhaltung des Schutzniveaus eine Regelung zu großen Hunden, wie
sie bereits in der LHV NRW enthalten war und in der Praxis weitgehend vollzogen
ist, in besonderem Maße erforderlich. Große Hunde können objektiv
allein wegen ihrer Größe oder ihres Gewichtes in Folge äußerer
Überraschungsmomente erhöhte Gefahren für Menschen und Tiere
hervorrufen und erheblichen Schaden zufügen. Zur Kategorie "große
Hunde" gehören beispielsweise Hunde der Rassen Dobermann, Bullmastiff,
Mastiff und der Schäferhund, die in Beißstatistiken vordere Ränge
einnehmen.
Der Umgang mit großen Hunden erfordert eine durch sachkundige Haltung
geprägte frühe Sozialisation, konsequente Erziehung und eine feste
Hand. Das Gesetz knüpft an die ordnungsrechtlichen Regelungen zu "größeren
Hunden" in der LHV NRW an, vereinfacht und erleichtert aber den Vollzug
für Halterinnen oder Halter und zuständige Behörden.
Anforderungen an den Umgang mit großen Hunden sind:
- Pflicht zur Anzeige der Haltung,
- Sachkundenachweis, soweit nicht dreijährige unbeanstandete Haltung oder
Zugehörigkeit zu sachkundigen Personenkreisen oder Berufsgruppen,
- Sachkundebescheinigung durch anerkannte Stellen (z.B. Hundesportvereine) oder
benannte Tierärzte,
- Zuverlässigkeit; Führungszeugnis nur bei Anhaltspunkten für
Unzuverlässigkeit,
- Haftpflichtversicherung,
- Kennzeichnung des Hundes,
- generelle Anleinpflicht im öffentlichen Verkehrsraum.
Der Vollzug der LHV NRW-Regelungen zu großen Hunden ist eingespielt und
weitgehend abgeschlossen. Durch eine Übergangsvorschrift wird sichergestellt,
dass erfolgte Anzeigen, vorgelegte Bescheinigungen und Ähnliches fortgelten
bzw. beim Vollzug des Gesetzes anerkannt werden. Damit ist Kontinuität
im Vollzug sichergestellt.
Über die Regelungen zu gefährlichen und großen Hunden hinaus
werden in das Gesetz allgemeine Grundpflichten für den Umgang mit Hunden
aller Rassen aufgenommen. Hierdurch soll ein für Hundehalterinnen und Hundehalter
zumutbarer und in der Sache angemessener Schutz von Menschen und Tieren vor
der Unberechenbarkeit von Hunden generell sichergestellt werden. Dies verdeutlicht
zugleich, dass es dem Gesetzgeber nicht um die Ausgrenzung bestimmter Hunderassen
geht.
Für alle Hunde gelten:
- Pflicht zum gefahrvermeidenden Umgang,
- Anleinpflicht in Örtlichkeiten und Situationen mit typischerweise erhöhtem
Publikumsverkehr,
- Verbot von Aggressionsausbildung, -zucht und -kreuzung.
Diese Pflichten gelten für den Umgang mit Hunden generell und werden von
verantwortungsvollen Hundehaltern bereits jetzt befolgt. Durch sie wird der
Unberechenbarkeit des Verhaltens eines Tieres und der dadurch möglichen
Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter (Grund für die
zivilrechtliche Tierhalterhaftung) Rechnung getragen und das Risiko einer Gefährdung
oder eines Schadenseintritts deutlich reduziert. Im Übrigen wirken allgemeine
Pflichten einer Diskriminierung von Haltern bestimmter Hunderassen entgegen.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu § 1 (Zweck des Gesetzes):
Die Zweckbestimmung verdeutlicht den Charakter des Gesetzes als spezielles Gefahrenabwehrgesetz
im Bezug auf Hunde. Die Notwendigkeit einer solchen Gefahrenabwehrregelung folgt
aus der durch Erkenntnisse der Verhaltensforschung nachgewiesenen Unberechenbarkeit
des Verhaltens von Hunden und der damit potenziell verbundenen Gefährdung
von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter. Dies entspricht auch der Ausgestaltung
der zivilrechtlichen Tierhalterhaftung als Gefährdungshaftung.
Darüber hinaus soll den durch den unsachgemäßen Umgang des Menschen
mit Hunden drohenden Gefahren begegnet werden. Ein verantwortungsvoller und
gefahrverhindernder Umgang mit Hunden setzt die Sachkunde von Haltern und bei
gefährlichen Hunden und Hunden bestimmter Rassen auch von Aufsichtspersonen
voraus. Dies ist ein wesentliches Ziel des Gesetzes.
Zu § 2 (Allgemeine Pflichten):
Absatz 1 normiert eine für alle mit Hunden umgehenden Personen geltende
allgemeine Verhaltenspflicht, durch verantwortungsvolles Verhalten dafür
zu sorgen, dass die Hunde nicht gefährlich werden. Beim Führen können
Gefahren beispielsweise entstehen, wenn Hunde von nicht geeigneten Personen
geführt werden, sich losreißen können und durch ihr Weglaufen
den Straßenverkehr gefährden oder ältere Menschen und Kinder
im öffentlichen Verkehrsraum durch Anrennen zu Fall bringen. Diese Gefahren
können auch eintreten, wenn Hunde nicht ordnungsgemäß gehalten
werden, sei es, dass sie nicht ausreichend beaufsichtigt werden oder dass sie
von Grundstücken oder aus Wohnungen entweichen oder weglaufen können,
weil diese nicht genügend gesichert sind.
Absatz 2 verpflichtet Halterinnen und Halter sowie Aufsichtspersonen, in Bereichen
mit typischerweise erhöhtem Publikumsverkehr Hunde nur angeleint zu führen.
Erfahrungsgemäß sind Hunde in den unter Nummern 1 bis 4 aufgeführten
Bereichen und Situationen besonders vielfältigen und starken Außenreizen
ausgesetzt, wodurch gehäuft unvorhersehbare, gefahrverursachende Reaktionen
ausgelöst werden können. Durch die Anleinpflicht wird das Gefahrenpotential
deutlich gesenkt.
Absatz 3 verbietet die Zucht, Ausbildung oder Kreuzung von Hunden mit dem Ziel
einer gesteigerten Aggressivität. Jeder Hund kann durch entsprechende Zucht,
Ausbildung oder Abrichtung zur Schärfe erzogen werden und stellt dann eine
besondere Gefahr für Menschen und andere Tiere dar. Um dies zu verhindern,
ist das "Verbot einer Aggressionsförderung" erforderlich. Ein
Verstoß gegen das Verbot des Absatz 3 ist beispielsweise das Abrichten
von Hunden für sog. Hundekämpfe. Ein Verstoß gegen das Verbot
der Aggressionsförderung erfüllt den Straftatbestand des § 19
Abs. 1 Nr. 2.
Ein berechtigtes Interesse an einer Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken hat
das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Insofern gilt das Verbot nicht für Inhaber
einer Erlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung.
Zu § 3 (Gefährliche Hunde):
Absatz 1 bestimmt, welche Hunde als gefährliche Hunde im Sinne des Gesetzes
gelten. Danach sind gefährliche Hunde solche, der in Abs. 2 Satz 1 aufgeführten
Rassen einschließlich Kreuzungen. Hunde anderer Rassen sind gefährliche
Hunde, wenn eine der in Absatz 3 aufgeführten Fallgruppen vorliegt und
die Gefährlichkeit daraufhin im Einzelfall festgestellt wurde.
Absatz 2 Satz 1 bestimmt 4 Rassen, bei denen vermutet wird, dass die diesen
angehörenden Hunde bereits eine durch Zuchtauswahl bedingte gesteigerte
Aggressivität aufweisen. Hinzukommen die rassespezifischen Merkmale wie
Beißkraft, reißendes Beißverhalten und Kampfinstinkt, die
eine Zuordnung von Hunden der aufgeführten Rassen sowie deren Kreuzungen
zu den gefährlichen Hunden gebieten. Für die genannten Rassen hat
der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz
vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) bereits ein Einfuhr- und Verbringungsverbot
und in § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001 (BGBl. I S. 838)
ein Zuchtverbot erlassen. Die Bestimmung der genannten Rassen entspricht auch
der Empfehlung der IMK.
Die Annahme einer abstrakten Gefährlichkeit von bestimmten Hunderassen
aufgrund rassespezifischer Merkmale ist zulässig und wurde von der Rechtsprechung
überwiegend bestätigt. Eine derartige Gefährlichkeit kann durch
rassespezifische Merkmale wie z.B. die körperliche Konstitution (Größe,
Gewicht, Beißkraft, Muskelkraft, Sprungkraft) oder durch das Auffälligwerden
der entsprechenden Hunderassen in der Vergangenheit durch Beißvorfälle
oder Zuchtauswahl, die Aggressionsmerkmale (niedrige Beißhemmung, Beschädigungswille,
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe) beinhaltet, begründet werden.
Eine Aussage über die individuelle Gefährlichkeit eines jeden Tieres
dieser Rassen ist damit nicht getroffen. Dem Gesetz- und Verordnungsgeber steht
aber eine Einschätzungs- und Entscheidungsprärogative bei der Bekämpfung
von Gefahren zu. Er kann zur Steigerung der Effektivität der Gefahrenabwehr
und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung solche typisierenden und generalisierenden
Regelungen wie eine an die Rassenzugehörigkeit geknüpfte Gefährlichkeitsvermutung
treffen.
Die Regelungen zu gefährlichen Hunden gelten auch für deren Kreuzungen
untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden. Da es sich bei den
allermeisten Hunden der angeführten Rassen um Mischlinge handelt und von
diesen, wie Beißstatistiken verdeutlichen, eine vergleichbare Gefährlichkeit
ausgeht, sind die Vorschriften zu gefährlichen Hunden auch und gerade auf
Mischlinge anzuwenden. Von einer Kreuzung ist auszugehen, wenn ein Hund nach
seiner äußeren Erscheinung (Phänotyp) trotz der erkennbaren
Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale
einer oder mehrerer der genannten oder bestimmten Rassen zeigt.
In der Praxis ist das Vorliegen einer Kreuzung häufig schwer festzustellen,
da selten Abstammungsnachweise vorliegen. Die in Absatz 2 Satz 2 vorgesehene
Beurteilung nach dem Phänotyp hat sich bewährt und bereits beim Vollzug
der LHV NRW überwiegend als praktikabel erwiesen. Satz 3 überträgt
die Beweislast für die Abstammung in Zweifelsfällen auf die Halterin
oder den Halter und soll so verhindern, dass die Erlaubnispflicht und sonstige
Haltungspflichten durch entsprechende Schutzbehauptungen umgangen werden. Die
Vollzugsbehörden berichten über einschlägige Fälle, in denen
Hundehalterinnen oder Hundehalter auf vergleichbare Phänotypen von Rassen
verweisen, die nicht als gefährlich eingestuft wurden.
In Absatz 3 Satz 1 ist festgelegt, dass solche Hunde, unabhängig von der
Rassenzugehörigkeit gefährlich sind, bei denen bei mit hoher Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen ist, dass sie beim Zusammentreffen oder bei Auseinandersetzungen
mit Menschen oder Tieren beißen. Die soziale Unverträglichkeit kann
durch falsche Ausbildung, Zucht oder Kreuzung begründet sein (Nrn. 1 und
2) oder sich durch tatsächliches, gefahrverursachendes Fehlverhalten (Nrn.
3 bis 6) gezeigt haben. Die hier definierte Gefährlichkeit ist daher grundsätzlich
unabhängig von der Rasse. Die Regelung entspricht im Wesentlichen der Regelung
in § 2 der LHV NRW über individuell gefährliche Hunde. Die aufgeführten
Fallgruppen und Definitionen haben sich in der Praxis bewährt und sollten
daher in das Gesetz übernommen werden.
Die verbindliche Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall
durch die zuständige Behörde setzt eine gründliche Ermittlung
des Sachverhaltes oder Geschehensablaufes und eine fachkundige Begutachtung
des Hundes voraus. Insofern bestimmt Satz 2, dass dieser Feststellung eine Begutachtung
(fachliche Stellungnahme) durch den amtlichen Tierarzt vorauszugehen hat.
Zu § 4 (Erlaubnis):
Absatz 1 Satz 1 begründet ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für das
Halten von gefährlichen Hunden nach § 3 Abs. 2 und 3. Durch die Erlaubnispflicht
soll erreicht werden, dass nur volljährige, sachkundige und zuverlässige
Personen einen gefährlichen Hund unter bestimmten Voraussetzungen halten
dürfen. Ziel der Regelung ist, die Gefahren für Leben und Gesundheit
von Menschen oder Tieren, die von gefährlichen Hunden ausgehen können
soweit wie möglich zu reduzieren. Damit wird dem Sicherheitsbedürfnis
der Allgemeinheit, insbesondere dem von älteren Menschen und Kindern Rechnung
getragen. Die Erlaubnispflicht versetzt die zuständigen Behörden in
die Lage, das Haltungsgeschehen in Bezug auf gefährliche Hunde effektiv
zu überwachen und erforderlichenfalls ohne Zeitverzug ordnungsbehördliche
Maßnahmen zu ergreifen.
Die Haltung eines gefährlichen Hundes ohne die dafür erforderliche
Erlaubnis verwirklicht den Straftatbestand des § 143 Abs. 2 StGB.
Satz 2 bestimmt die einzelnen Voraussetzungen, die für die Erteilung der
Erlaubnis erfüllt sein müssen. Die unter den Nummern 1 bis 6 aufgeführten
Voraussetzungen entsprechen weitgehend denen, die in § 4 Abs. 2 LHV NRW
festgelegt waren, und folgen den Empfehlungen der IMK. Nach den Nummern 1, 2
und 3 muss die Person, die eine Erlaubnis für einen gefährlichen Hund
beantragt, das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, die erforderliche Zuverlässigkeit
und Sachkunde besitzen sowie körperlich in der Lage sein, den Hund sicher
zu führen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass nur geeignete
Personen mit dem nötigen Wissen über Hunde und dem erforderlichen
Verantwortungsbewusstsein Hunde halten. Es soll verhindert werden, dass Hunde
durch "falsches menschliches Verhalten" aggressiv und gefährlich
werden. Im Interesse der Gefahrenabwehr verlangt Nummer 4 die ausbruchsichere
und verhaltensgerechte Haltung von Hunden, um zu verhindern, dass sie aggressiv
und gefährlich werden. Aggressivität und Gefährlichkeit entstehen
beispielsweise durch eine Haltung von Hunden an Ketten, in Kellern, in zu engen
Wohnungen oder Zwingern. Außerdem ist der Nachweis notwendig, dass die
Halterin oder der Halter die nötigen Sicherungsmaßnahmen für
Grundstücke, Wohnungen oder Zwinger getroffen hat, die ein Entweichen und
Entlaufen des Hundes verhindern.
Für die in Nummer 5 vorgeschriebene Haftpflichtversicherung wird eine Mindestdeckungssumme
in Höhe von 500.000,-- EUR für Personenschäden und in Höhe
von 250.000,-- EUR für Sachschäden vorgeschrieben. Dies dient dem
Schutz der Opfer von Attacken gefährlicher Hunde, die erfahrungsgemäß
zu schwersten Verletzungen, bleibenden Schäden oder gar zum Tode führen
können, insbesondere bei Mittellosigkeit des Hundebesitzers. Die Haftpflichtversicherer
bieten entsprechende Tierhalterhaftpflichtversicherungen an.
Nummer 6 verpflichtet zur Kennzeichnung gefährlicher Hunde, um in unterschiedlichsten
Situationen eine Identifizierung sicherzustellen. Die Kennzeichnung mit einem
Microchip ist das derzeit modernste Verfahren, gewährleistet eine hohe
Sicherheit gegen Manipulation und ermöglicht mittels elektronischer Lesegeräte
eine eindeutige Lesbarkeit bereits auf eine gewisse Entfernung hin. Das Einsetzen
des Microchips ist für den Hund schmerzfrei, durch den Hundehalter selbst
oder durch die behandelnde Tierärztin oder den behandelnden Tierarzt vorzunehmen
und nur mit geringem finanziellen Aufwand verbunden. Auch die Halterin oder
der Halter hat ein Interesse an einer eindeutigen Identifizierbarkeit des Hundes,
da ein entlaufener Hund schnell wieder zu vertrauten Personen zurückgebracht
werden kann.
Die Erlaubnis wird nach Absatz 2 nur erteilt, wenn ein besonderes privates oder
ein öffentliches Interesse an der Haltung besteht, weil die Haltung eines
gefährlichen Hundes ein gesteigertes Risiko für die Bevölkerung
bedeutet. Dieses Risiko kann nur hingenommen werden, wenn auf Seiten der Halterin
oder des Halters ein besonderes Interesse an der Haltung eines gefährlichen
Hundes besteht. Für bestehende Haltungen für die eine Erlaubnis nach
§ 4 Abs. 1 der LHV NRW erteilt wurde, muss das besondere private Interesse
nicht erneut nachgewiesen werden (vgl. § 21 Abs. 1 und 4).
An das Vorliegen eines überwiegenden besonderen privaten Interesses sind
strenge Anforderungen zu stellen. Es wird nur in Ausnahmefällen vorliegen.
Ein solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner
Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne unverhältnismäßig
hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde
erfüllt werden kann.
Bei dem in Satz 2 genannten Fall (Bewachung eines gefährdeten Besitztums)
hat die Erlaubnisbehörde im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes im Einzelfall
zu prüfen, ob eine besondere Gefährdungslage für das Besitztum
vorliegt. Das allgemein vorhandene Einbruchsrisiko reicht dafür in der
Regel nicht aus. Zudem ist zu prüfen, ob dem besonderen Schutzbedürfnis
des Besitztums nicht durch den Einsatz anderer Sicherungsmaßnahmen (Alarmanlagen;
technische Überwachungseinrichtungen; Wachdienste; Wachhunde anderer Rassen)
entsprochen werden kann. Ist dies nach Einschätzung der Erlaubnisbehörde
der Fall, liegt ein besonderes privates Interesse nicht vor.
Ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung kann beispielsweise
aus Gründen des Tierschutzes gegeben sein, wenn ein Hund aus einem Tierheim
oder einer vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden
soll.
Absatz 3 verpflichtet die den Erlaubnisantrag stellende Person, eine behördliche
Vor-Ort-Überprüfung der ausbruchsicheren und verhaltensgerechten Unterbringung
zu gestatten und erforderliche Feststellungen zu dulden. Beim Vollzug der LHV
NRW ist den zuständigen Behörden häufig unter Hinweis auf das
Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung der Zutritt zu Wohnräumen
und Gärten verweigert worden. Insofern ist Absatz 3 eine formal gesetzliche
Einschränkung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. auch
§ 18 Nr. 2).
Nach Absatz 4 kann die Erlaubnisbehörde nach pflichtgemäßem
Ermessen die Erlaubnis mit Nebenbestimmungen versehen.
Die Befristung ermöglicht es der zuständigen Behörde, das Vorliegen
der Erlaubnisvoraussetzungen in gewissen Abständen neu zu überprüfen.
Die Dauer der Befristung soll in Abhängigkeit von absehbaren oder zu erwartenden,
die Erlaubnisvoraussetzung berührenden Änderungen in den Haltungsbedingungen
festgelegt werden. Bei Hundehaltungen, die derartige Veränderungen nicht
erwarten lassen, sollte auf eine Befristung verzichtet werden.
Durch den ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt soll sichergestellt werden,
dass ein Widerruf der Erlaubnis erforderlichenfalls verwaltungsrechtlich einfacher
und schneller erfolgen kann. Widerrufsgründe sind beispielsweise der nachträgliche
Wegfall einer der Erlaubnisvoraussetzungen des Absatzes 1 oder die Nichterfüllung
oder Nichteinhaltung von Nebenbestimmungen zur Erlaubnis.
Absatz 5 Satz 1 bestimmt, dass die durch die örtlich zuständige Erlaubnisbehörde
erteilte Erlaubnis im gesamten Gebiet des Landes NRW gilt. Über den Verweis
in § 5 Abs. 3 Satz 4 gilt dies auch für die Entscheidung über
die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht.
Satz 2 bestimmt, dass bei einem Wechsel des Haltungsortes allein die für
den neuen Haltungsort zuständige Erlaubnisbehörde zum Widerruf der
erteilten Erlaubnis und zur Änderung der Erlaubnis nach Absatz 4 Satz 2
berechtigt ist. Diese Regelung ist erforderlich, um den Vollzug einer landesweit
gültigen Erlaubnis eindeutig zu regeln.
Absatz 6 verpflichtet Personen beim Führen eines gefährlichen Hundes
die Erlaubnis - und über den Verweis in § 5 Abs. 3 Satz 3 auch die
behördliche Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht - mitzuführen
und bei Kontrollen durch Polizeivollzugsbeamte oder Überwachungskräfte
der Kommunen diesen auszuhändigen. Die Vorschrift ist erforderlich, um
im Interesse der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Bevölkerung
kontrollieren zu können, und entspricht einer Empfehlung der IMK.
Zu § 5 (Pflichten):
§ 5 legt für Halter und Aufsichtspersonen Pflichten für den Umgang
mit gefährlichen Hunden fest. Verstöße gegen diese Pflichten
können überwiegend als Ordnungswidrigkeit nach § 20 geahndet
werden.
Absatz 1 verlangt die ausbruchsichere Unterbringung von gefährlichen Hunden
innerhalb des befriedeten Besitztums. Eine nicht unerhebliche Zahl von Beißvorfällen
ereignete sich, nachdem Hunde gegen den Willen des Halters ein befriedetes Besitztum
verlassen hatten. Um sicherzustellen, dass dies nicht möglich ist, trifft
den Hundehalter oder die Aufsichtsperson die Pflicht, das befriedete Besitztum,
auf dem sich der Hund frei bewegt, so zu sichern, dass ein Entweichen des Hundes
nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen ist. Bei der Öffnung von
Türen und Toren hat der Halter oder die Aufsichtsperson den Hund so zu
beaufsichtigen, dass dieser nicht frei nach außen laufen kann.
Nach Absatz 2 Satz 1 müssen gefährliche Hunde außerhalb befriedeter
Besitztümer sowie in den gesamten Gemeinschaftsräumlichkeiten in Mehrfamilienhäusern
angeleint geführt werden und nach Satz 3 - soweit keine Befreiung nach
Absatz 3 erteilt wurde - einen Maulkorb tragen. Durch diese präventiven
Maßnahmen wird ein weitgehender Schutz vor Beißvorfällen für
Menschen und Tiere erreicht.
Der Begriff "befriedetes Besitztum" ist ein hinlänglich bestimmter
Rechtsbegriff. Gemeint ist damit ein durch Zäune, Absperrungen, Wände
und ähnliche Vorrichtungen gegenüber öffentlichen oder anderen
privaten Bereichen abgetrennter räumlicher Bereich. Dazu zählen beispielsweise
Privatgärten, Werksgelände, Hundezwinger, Wohnungen, Balkone und Terrassen.
Innerhalb befriedeter Besitztümer sollen sich auch gefährliche Hunde
frei bewegen dürfen. Dies gilt nicht für die in Satz 1 aufgeführten
Gemeinschaftsräumlichkeiten in Mehrfamilienhäusern, da es hier häufig
zu engen räumlichen Kontakten zwischen den gefährlichen Hunden und
den für sie fremden Mitbewohnern kommen kann.
Die Anlein- und Maulkorbpflicht gilt für gefährliche Hunde und über
den Verweis in § 10 Abs. 1 auch für die dort bestimmten Hunde in der
Öffentlichkeit grundsätzlich, also auch im bauplanungsrechtlichen
Außenbereich. Für andere Hunde gilt diese generelle Anleinpflicht
nicht. Große Hunde sind aber nach § 11 Abs. 6 auf öffentlichen
Straßen, Wegen und Plätzen und die übrigen Hunde nach Maßgabe
des § 2 Abs. 3 anzuleinen.
Die artgerechte Haltung - auch gefährlicher Hunde - verlangt, dass diese
sich hin und wieder ohne Leine auslaufen können. Schon unter der LHV NRW
haben einzelne Kommunen sog. Hundeauslaufgebiete oder Hundeauslaufflächen
für gefährliche Hunde eingerichtet. Dort gilt nach Satz 2 die Anleinpflicht
nicht. Auf die Maulkorbpflicht des Satz 3 kann auch dort im Interesse der gefährdeten
Öffentlichkeit und auch anderer schwächerer Hunde nicht verzichtet
werden.
Von Jungtieren bis zum 6. Lebensmonat geht eine deutlich geringere Gefährlichkeit
als von ausgewachsenen Hunden aus. Insoweit gilt die Maulkorbpflicht für
solche Jungtiere nach Satz 4 nicht.
Absatz 3 Satz 1 eröffnet der Halterin oder dem Halter eines gefährlichen
Hundes nach § 3 Abs. 2 die Möglichkeit, für diesen eine Befreiung
von der Anlein- und Maulkorbpflicht zu erlangen. Für gefährliche Hunde
nach § 3 Abs. 3 besteht diese Befreiungsmöglichkeit nicht. Für
Hunde der in § 10 Abs. 1 bestimmten Rassen und deren Kreuzungen kann ebenfalls
eine Befreiung von der Maulkorbpflicht erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 1).
Nach Satz 2 findet die behördliche Befreiungsmöglichkeit ihre Grenze
in § 11 Abs. 6 und § 2 Abs. 3. In diesen Bereichen gilt die Anleinpflicht
auch für Hunde, die im Übrigen von der Anleinpflicht des Absatz 2
Satz 1 befreit wurden.
Die Befreiung kann erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter gegenüber
der zuständigen Behörde nachweist, dass von dem Hund ohne Leine und/oder
Maulkorb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten
ist. Nach Satz 3 ist dieser Nachweis durch eine erfolgreich durchgeführte
Verhaltensprüfung bei einer für den Vollzug des Tierschutzgesetzes
zuständigen Behörde zu erbringen.
Ziel der Verhaltensprüfung ist nicht die Überprüfung des Wesens
des Hundes in seiner Gesamtheit, sondern das Erkennen übersteigerter, nicht
vertretbarer Aggressionen, die sich in gefährlicher Weise unmittelbar auf
Menschen oder mittelbar auf mitgeführte Hunde auswirken können. Es
soll nachgewiesen werden, dass ein Hund aufgrund seines individuellen Aggressionsverhaltens
keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, wenn er ohne
Maulkorb geführt wird. In der Prüfung wird ein Hund deshalb im Wesentlichen
solchen Reizen ausgesetzt, die in der Vergangenheit als Auslöser für
Beißunfälle ermittelt wurden.
Nähere Bestimmungen zur Verhaltensprüfung können durch ordnungsbehördliche
Verordnung des für das Veterinärwesen zuständige Ministerium
erlassen werden (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1).
Nach Satz 4 sind die Vorschriften des § 4 Abs. 4 (Nebenbestimmungen), Abs.
5 (Geltung im gesamten Landesgebiet) und Abs. 6 (Mitführungspflicht bezüglich
der behördlichen Entscheidung) auf die Befreiung für entsprechend
anwendbar erklärt.
Absatz 4 verpflichtet alle Personen, die mit einem gefährlichen Hund umgehen,
bestimmte Verhaltensanforderungen zu beachten. Die Umgangsregelungen dienen
der präventiven Gefahrenabwehr. Verstöße gegen die in Abs. 4
festgelegten Pflichten verwirklichen die Bußgeldtatbestände des §
20 Abs. 1 Nrn. 7 bis 10.
Satz 1 knüpft an die Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3
an und soll gewährleisten, dass ein Erlaubnisinhaber den gefährlichen
Hund nicht ausführt, wenn er z.B. wegen erhöhten Alkoholkonsums oder
Krankheit körperlich nicht mehr in der Lage ist, den gefährlichen
Hund sicher an der Leine zu führen.
Satz 2 bestimmt, dass nur Aufsichtspersonen in der Öffentlichkeit einen
gefährlichen Hund führen dürfen, die sachkundig, zuverlässig,
volljährig und in der Lage sind den Hund sicher zu halten und zu führen.
Diese Regelung ist erforderlich um zu verhindern, dass beim Ausführen von
gefährlichen Hunden Gefahrensituationen dadurch entstehen, dass die Aufsichtsperson
noch nicht die erforderliche Reife und körperliche Konstitution besitzt.
Die geforderte Sachkunde stellt sicher, dass auch die Aufsichtsperson über
Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen Hund so
zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Leben oder Gesundheit
von Menschen oder Tieren ausgeht. Die Aufsichtsperson hat den Nachweis der Sachkunde
durch eine Sachkundebescheinigung des amtlichen Tierarztes zu erbringen.
Die geforderte Zuverlässigkeit soll es der zuständigen Behörde
ermöglichen, einer Aufsichtsperson, der mangels Zuverlässigkeit eine
Erlaubnis nach § 4 nicht erteilt werden könnte, das Führen eines
gefährlichen Hundes zu untersagen und so den in der Praxis häufigen
Scheinhaltungen begegnen zu können. Ein Nachweis der Zuverlässigkeit
gegenüber der zuständigen Behörde ist nicht vorgesehen.
Satz 3 verpflichtet die Halterin, den Halter oder eine Aufsichtsperson, den
gefährlichen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums keiner Person
zu überlassen, die die Voraussetzungen des Satz 2 nicht erfüllt. Damit
soll sichergestellt werden, dass gefährliche Hunde in der Öffentlichkeit
nicht in die "falschen Hände" gelangen. In der Vergangenheit
sind schwere Beißvorfälle des Öfteren durch Hunde verursacht
worden, die nicht von Halterinnen oder Haltern, sondern von anderen unkundigen
Personen ausgeführt wurden.
Das gleichzeitige Führen von mehreren gefährlichen Hunden durch eine
Person begründet auf Grund der schwierigen Beherrschbarkeit ein stark erhöhtes
Gefahrenpotenzial und wird deshalb durch Satz 4 verboten.
Über den Verweis in § 10 Abs. 1 gelten diese Umgangspflichten auch
für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1.
Absatz 5 verpflichtet die Hundehalterinnen oder den Hundehalter zum Abschluss
und zur Aufrechterhaltung einer Haftpflichtversicherung, die durch den gefährlichen
Hund verursachte Schäden abdeckt. Diese Regelung dient dem Schutz der Opfer
vor Attacken durch gefährliche Hunde, deren Halter häufig mittellos
sind und entspricht einer Empfehlung der IMK. Die Festlegung einer Mindestdeckungssumme
erfolgt vor dem Hintergrund möglicher Schadensereignisse und entspricht
dem Angebot der Versicherungswirtschaft.
Absatz 6 verpflichtet Besitzer von gefährlichen Hunden, diese nur an solche
Personen abzugeben oder zu veräußern, die im Besitz einer Erlaubnis
nach § 4 sind. Dadurch soll verhindert werden, dass gefährliche Hunde
in den Besitz von Personen gelangen, die die hierzu erforderlichen Voraussetzungen
nicht erfüllen. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Absatz 6
ist bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 12).
Zu § 6 (Sachkunde):
Absatz 1 definiert die erforderliche Sachkunde, die für die Haltung eines
gefährlichen Hundes und bei Aufsichtspersonen (§ 5 Abs. 4 Satz 2)
zwingend notwendig ist. Sachkunde wird ebenso verlangt für das Halten von
Hunden und die Aufsicht über Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 und für
das Halten von großen Hunden.
Der Sachkunde kommt - auch nach Auffassung der IMK - eine überragende Bedeutung
im Rahmen präventiver Regelungsinstrumente zu. Denn es ist unbestritten,
dass durch unsachgemäßen Umgang des Menschen ein Hund verhaltensgestört,
sozial unverträglich und unkontrollierbar wird und damit ein deutliches
höheres Gefahrenpotential darstellt als ein sachkundig aufgezogenes und
ausgebildetes Tier. Durch die Sachkundeanforderung sollen die verpflichteten
Personen in die Lage versetzt werden, Kenntnisse und Fähigkeiten zur Haltung
und zum Umgang mit Hunden zu erwerben und in einer Prüfung unter Beweis
zu stellen, dass sie in der Praxis auf gefahrenträchtige Alltagssituationen
mit dem Hund so reagieren können, dass Gefahren für Dritte möglichst
vermieden werden.
Nähere Vorschriften über Anforderungen, Inhalt und Verfahren der Sachkundeprüfung
werden durch ordnungsbehördliche Verordnung (vgl. § 16 Abs. 1 Nr.
2) geregelt.
Absatz 2 bestimmt, dass die Sachkunde zum beabsichtigten Umgang mit dem gefährlichen
Hund gegenüber dem amtlichen Tierarzt nachzuweisen ist. Ergibt die Prüfung,
dass die erforderliche Sachkunde vorliegt, wird eine Sachkundebescheinigung
erstellt, die im Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Behörde zum
Nachweis der Sachkunde vorzulegen ist.
Absatz 3 enthält für die aufgeführten Personen oder Berufsgruppen
eine gesetzliche Sachkundevermutung. Bei den unter den Buchstaben a) bis e)
abschließend Aufgeführten handelt es sich um Personen, die bereits
anderweitig, z.B. aufgrund ihres Berufes oder anderer behördlich anerkannter
Spezialkenntnisse, über die Sachkunde für den Umgang mit Hunden aller
Art verfügen.
Zu § 7 (Zuverlässigkeit):
Die Regelung über die Zuverlässigkeit trägt der Erkenntnis Rechnung,
dass gefährliche Hunde oft und gerade von Personen gehalten werden, die
sich auf verschiedene Weise mit der Rechtsordnung in Konflikt befinden oder
befanden.
Absatz 1 nennt Tatbestände, bei deren Vorliegen die Zuverlässigkeit
einer Person in der Regel zu verneinen ist. Die Kriterien sind den waffenrechtlichen
Zuverlässigkeitsanforderungen nachgebildet. Sie entsprechen weitgehend
den Regelungen in § 5 Abs. 1 LHV NRW und den Zuverlässigkeitsanforderungen
in Rechtsnormen zu gefährlichen Hunden anderer Länder. Wer durch rechtskräftige
Verurteilungen wegen einschlägiger Straftaten unter Beweis gestellt hat,
die Rechtsordnung oder wesentliche Rechtsgüter anderer nicht zu respektieren,
soll einen gefährlichen Hund nicht führen dürfen. Die in Nrn.
1 bis 4 genannten Tatbestände sind nicht abschließend ("insbesondere").
Liegen rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten mit vergleichbarer
Schwere, z.B. wegen schwerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz
vor, kann dies auch dazu führen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit
nicht vorliegt.
Die erforderliche Zuverlässigkeit liegt in der Regel auch in den in Absatz
2 geregelten Fällen nicht vor. Verstöße gegen die in Nr. 1 genannten
einschlägigen Gesetze rechtfertigen die Vermutung der Unzuverlässigkeit.
Gleiches gilt für Personen, die wiederholt oder schwerwiegend gegen Vorschriften
des Landeshundegesetzes verstoßen haben. Hierdurch soll den zuständigen
Behörden die Möglichkeit eröffnet werden, bei im Rahmen der Überwachung
festgestellten Verstößen, etwa gegen Umgangspflichten des §
5, unverzüglich die Erlaubnis zu widerrufen und die Haltung des gefährlichen
Hundes zu untersagen. Die in Nrn. 3 und 4 aufgeführten Personen sind bereits
aufgrund ihres körperlichen und seelischen Zustandes in der Regel nicht
in der Lage, einen gefährlichen Hund verantwortungsvoll zu halten.
Absatz 3 regelt, wie von Personen, die einen gefährlichen Hund halten wollen,
der Nachweis der Zuverlässigkeit gegenüber der zuständigen Behörde
zu erbringen ist. Nach Satz 1 hat die Halterin oder der Halter eines gefährlichen
Hundes zum Nachweis der Zuverlässigkeit bei der zuständigen Meldebehörde
ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs.
5 des Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen. Daneben kann die zuständige
Behörde nach Satz 2 die zuständige Registerbehörde um Erteilung
eines Führungszeugnisses an Behörden ersuchen. Dies entspricht einem
Bedürfnis der Praxis.
Bei dem Verdacht der Behörde auf psychische Krankheiten, geistige oder
seelische Behinderung, Alkohol- oder Rauschmittelsucht wird die Behörde
in der Regel nicht in der Lage sein, den Nachweis für deren Vorliegen zu
führen. Die Behörde wird daher in Satz 3 ermächtigt, ein amts-
oder fachärztliches Gutachten dazu zu verlangen.
Zu § 8 (Anzeige- und Mitteilungspflichten):
§ 8 regelt Auskunfts- und Mitteilungspflichten von Halterinnen oder Haltern
gegenüber der zuständigen Behörde (Abs. 1), gegenüber Erwerberinnen
oder Erwerbern (Abs. 2) sowie bei Wechseln des Haltungsortes der zuständigen
Behörden untereinander (Abs. 3).
Absatz 1 normiert Anzeigepflichten gegenüber der zuständigen Behörde.
Die Überwachungsbehörde soll über die im Zuständigkeitsbereich
gehaltenen gefährlichen Hunde umfassend informiert werden. Dies ist erforderlich,
um ggf. schnellstmöglich Gefahrenabwehrmaßnahmen ergreifen zu können.
Die zuständigen Behörden sollen über den Verbleib eines gefährlichen
Hundes von der Geburt bis zu dessen Tod unterrichtet werden. Dies ist erforderlich,
um dessen Gefahrenpotenzial besser einschätzen zu können und um frühere
Vorkommnisse zu ermitteln oder bereits erfolgte Begutachtungen zu erfahren.
Insofern besteht für die Halterin oder den Halter eine umfassende Anzeigepflicht.
Absatz 2 verpflichtet die Halterin oder den Halter eines gefährlichen Hundes,
im Falle der Veräußerung oder sonstigen Abgabe darauf hinzuweisen,
dass es sich um einen gefährlichen Hund handelt. Dadurch soll verhindert
werden, dass Dritte einen gefährlichen Hund erwerben oder übernehmen,
ohne dessen ordnungsrechtliche Einstufung zu kennen. Die Vorschrift ist Schutzgesetz
im Sinne von § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches und ermöglicht
privatrechtliche Schadensersatzansprüche bei Verstößen.
Absatz 3 regelt den behördeninternen Informationsaustausch in Fällen,
bei denen durch einen Wechsel eines Haltungsortes auch die örtlich zuständige
Behörde wechselt. Die Vorschrift ermöglicht es der neu zuständigen
Behörde, auf Informationen zurückzugreifen, die bei der vorher zuständigen
Behörde vorliegen. Dadurch wird das Verwaltungsgeschehen vereinfacht, ein
kontinuierlicher Vollzug gewährleistet und der Halterin oder dem Halter
insbesondere bei Umzügen die "Ummeldung" des gefährlichen
Hundes erleichtert.
Zu § 9 (Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot, Unfruchtbarmachung):
Satz 1 legt fest, dass mit gefährlichen Hunden nicht gezüchtet, gekreuzt
und kein Handel betrieben werden darf. Das Zuchtverbot erstreckt sich auf gefährliche
Hunde nach § 3 Abs. 3. Die Zucht von Hunden der in § 3 Abs. 2 aufgeführten
Rassen ist bereits durch § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 02.05.2001
(BGBl. I S. 838) verboten. Die Aufnahme einer entsprechenden Regelung dient
dazu, die Population gefährlicher Hunde mittelfristig deutlich zu senken.
Für Hunde nach § 10 Abs. 1 gilt das Zuchtverbot nicht, da zur Zeit
noch nicht hinreichend erwiesen ist, dass bei den bestimmten Rassen die gesteigerte
Aggressivität zuchtbedingt ist.
Zucht und Kreuzung im Sinne von Satz 1 sind das zielgerichtete Verpaaren einer
Hündin mit einem Rüden oder die absichtliche Inkaufnahme des Verpaarens.
In der Praxis ist es häufig schwierig, den handelnden Personen Absicht
oder Vorsatz nachzuweisen. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass auch
ein "unabsichtliches" Verpaaren nicht mehr stattfindet. Insofern bestimmt
Satz 2 eine Halterpflicht, auch unabsichtliche Verpaarungen mit gefährlichen
Hunden zu vermeiden. Satz 3 ermächtigt die zuständige Behörde,
die Unfruchtbarmachung des gefährlichen Hundes anzuordnen, wenn trotz alledem
im Einzelfall die Gefahr der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht.
Ein Verstoß gegen das Zucht- oder Handelsverbot verwirklicht den Straftatbestand
des § 143 Abs. 1 Strafgesetzbuch.
Zu § 10 (Hunde bestimmter Rassen):
Entsprechend den Empfehlungen der IMK bestimmt Absatz 1 zehn Rassen und Kreuzungen
und legt für den Umgang mit angehörenden Hunden aus Gründen der
Gefahrenprävention Anforderungen fest. Hunde dieser Rassen und deren Kreuzungen
weisen - ohne gefährliche Hunde zu sein - rassespezifische Merkmale auf,
die ein besonderes Gefährdungspotential begründen und unter präventiven
Gesichtspunkten besondere Anforderungen an den Umgang erfordern. Gefährdungsrelevante
Merkmale bei den bestimmten Rassen sind beispielsweise niedrige Beißhemmung,
herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder ein genetisch
bedingter Schutztrieb.
Für angehörende Hunde gelten die Vorschriften des
- § 4 zur Erlaubnispflicht, ohne dass ein besonderes Haltungsinteresse
(Abs. 2) vorliegen muss,
- § 5 zu Umgangspflichten,
- § 6 und § 7 zu Sachkunde und Zuverlässigkeit und zu den in
- § 8 festgelegten Mitteilungspflichten
entsprechend.
Ein Zuchtverbot gilt für Hunde nach § 10 Abs. 1 nicht. Darüber
hinaus muss eine Verhaltensprüfung zur Befreiung von der Anlein- oder Maulkorbpflicht
nicht durch eine Behörde erfolgen, sondern kann nach Absatz 2 auch von
anerkannten Sachverständigen oder von anerkannten Sachverständigenstellen
durchgeführt werden. Hier sollen - wie beim Vollzug der LHV NRW praktiziert
- auch anerkannte private Hundevereine oder Hundeschulen berechtigt sein, entsprechende
Verhaltensprüfungen abzunehmen.
Gleiches gilt nach Absatz 3 auch für die Sachkundebescheinigung. Durch
diese erleichternden Regelungen sollen die Halterin oder der Halter eines Hundes
nach § 10 Abs. 1 ermuntert werden, sich Hundevereinen oder vergleichbaren
Einrichtungen anzuschließen, um dort unter kompetenter Anleitung den sachkundigen
Umgang mit Tieren zu erlernen oder zu üben.
Zu § 11 (Große Hunde):
Nach Wegfall der Anlage 2 zur LHV NRW ist unter präventiven Gesichtspunkten
und zur Erhaltung des Schutzniveaus eine Regelung zu großen Hunden, wie
sie bereits in der LHV NRW enthalten war und weitgehend vollzogen ist, erforderlich.
Große Hunde können objektiv allein wegen ihrer Größe oder
ihres Gewichtes in Folge äußerer Überraschungsmomente erhöhte
Gefahren für Menschen und Tiere hervorrufen und erheblichen Schaden zufügen.
Dies gilt in besonderem Maße beim Zusammentreffen von Größe
und einzelnen spezifischen Eigenschaften wie Beißkraft oder Schutztrieben.
Zur Kategorie "große Hunde" gehören beispielsweise Hunde
der Rasse Dobermann und der Schäferhund, die in Beißstatistiken vordere
Ränge einnehmen.
Der Umgang mit großen Hunden erfordert eine durch sachkundige Haltung
geprägte frühe Sozialisation, konsequente Erziehung und eine feste
Hand. Das Gesetz knüpft an die ordnungsrechtlichen Regelungen zu "größeren
Hunden" in der LHV NRW an, vereinfacht und erleichtert aber den Vollzug
für Halterinnen und Halter und zuständige Behörden.
Absatz 1 verpflichtet die Halterin oder den Halter, die Haltung eines großen
Hundes bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Durch die Anzeige wird
die zuständige Behörde über Hundehaltungen informiert und in
die Lage versetzt, die Beachtung weiterer Anforderungen an den Umgang mit großen
Hunden sicherzustellen.
Als großer Hund im Sinne des Gesetzes gilt ein Hund der ausgewachsen eine
Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg
erreicht. Die Widerristhöhe (Schulterhöhe) des Hundes bemisst sich
als Abstand vom Boden zur vorderen höchsten Stelle des Rückens, gemessen
mit einem Stockmaß (Zollstock oder ähnliches). Der Gesetzgeber hat
im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative diese Maße zur Bestimmung
eines großen Hundes wie erfolgt festgelegt. Die erfolgte Typisierung geschieht
vor dem Hintergrund, dass Hunde, die bundesweit die Beißstatistiken anführen
mindestens über eines der vorgenannten Maße verfügen. An die
Regelung in der LHV NRW wird damit angeknüpft und Vollzugskontinuität
sichergestellt.
Für bestehende Haltungen ist eine neue Anzeige in der Regel nicht erforderlich,
da die Anzeige nach § 1 Abs. 2 LHV NRW, die bis Mitte des Jahres 2001 erfolgen
musste, als Anzeige nach Absatz 1 fort gilt (vgl. § 21 Abs. 3).
Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass die Halterin oder der Halter eines großen
Hundes folgende Voraussetzungen erfüllen muss:
- Sachkunde und Zuverlässigkeit,
- Haftpflichtversicherung,
- Kennzeichnung per Microchip.
Das Vorliegen der Voraussetzungen ist der zuständigen Behörde nachzuweisen.
Dabei gelten folgende Erleichterungen:
Nach Satz 2 obliegt die Art und Weise der Überprüfung der Zuverlässigkeit
der zuständigen Behörde. Die Vorlage eines Führungszeugnisses
kann von der zuständigen Behörde nur bei Vorliegen von Anhaltspunkten
für eine Unzuverlässigkeit verlangt werden (vgl. Abs. 5). Nach Absatz
4 gilt - unbeschadet des § 6 Abs. 3 - als sachkundig, wer seit drei Jahren
einen großen Hund unbeanstandet gehalten hat. Dies ist der zuständigen
Behörde schriftlich zu versichern. Soweit dies nicht zutrifft, kann eine
Bescheinigung zum Nachweis der erforderlichen Sachkunde durch anerkannte Stellen,
z.B. Hundevereine oder -schulen oder durch benannte Tierärztinnen oder
Tierärzte erfolgen (Absatz 3). Der Nachweis der Zuverlässigkeit wird
in der Regel nur dann erforderlich, wenn der zuständigen Behörde Anhaltspunkte
für die Unzuverlässigkeit vorliegen. In solchen Fällen kann die
Beantragung eines Führungszeugnisses angeordnet oder dies von Amtswegen
eingeholt werden (Absatz 5). Die Haltung eines großen Hundes an die Zuverlässigkeit
zu binden ist erforderlich, um bei erwiesener Unzuverlässigkeit die Haltung
untersagen zu können, ohne erst Zwischenfälle abwarten zu müssen.
Absatz 2 Satz 3 erklärt im Übrigen die Vorschriften über die
Haftpflichtversicherung und die Sachkundevermutung für entsprechend anwendbar.
Absatz 6 Satz 1 bestimmt eine generelle Anleinpflicht für große Hunde
außerhalb eines befriedeten Besitztums auf öffentlichen Straßen,
Wegen und Plätzen. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem Anleingebot
des § 3 Abs. 4 LHV NRW und vergleichbaren Regelungen in kommunalen Satzungen.
Erfahrungsgemäß treten dort am häufigsten gefahrerhöhende
Situationen auf, die eine sichere Kontrolle durch die Aufsichtsperson über
eine Leine erforderlich macht.
Öffentlich sind diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die straßenrechtlich
dem öffentlichen Verkehr gewidmet und damit für die Allgemeinheit
zugänglich sind (vgl. § 2 des Straßen- und Wegegesetzes NRW).
Zu öffentlichen Straßen zählen beispielsweise Bürgersteige,
Fußgängerzonen, Bahnhofsvorplätze.
Demgegenüber zählen Privatgrundstücke nicht zum öffentlichen
Straßenraum. Auf einem Privatgrundstück (z.B. Trainingsplatz eines
Hundevereins, Firmengelände, Privatparkplatz, Privatgarten) gilt die Anleinpflicht
nach Absatz 6 nicht, auch wenn dieses beschränkt öffentlich genutzt
wird. Hier kann eine Anleinpflicht jedoch aus privatrechtlichen Regelungen des
Eigentümers folgen (z.B. Haus- oder Benutzungsordnung).
Auf abgetrennten räumlichen Arealen, die speziell für die Nutzung
durch Hunde bereitgestellt werden (sog. Hundeauslaufflächen) und die von
den freilaufenden Hunden nicht gegen den Willen des Halters oder der Aufsichtsperson
verlassen werden können, gilt die Anleinpflicht nach Satz 2 nicht.
Zu § 12 (Anordnungsbefugnisse):
§ 12 ermächtigt die zuständige Behörde zum Erlass von Gefahrenabwehranordnungen
(Absatz 1), zur Untersagung der Haltung eines Hundes (Absatz 2) und zur Anordnung
der Einschläferung eines Hundes (Absatz 3).
Absatz 1 ermächtigt zum Erlass von notwendigen Einzelanordnungen zur Abwehr
von konkreten Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Hunde.
Die Ermächtigungsgrundlage des Absatz 1 ist eine spezialgesetzliche Generalklausel
zur Abwehr von Gefahren durch Hunde (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 OBG). Ein
Rückgriff auf die ordnungsbehördliche Generalklausel des § 14
Abs. 1 OBG ist nicht mehr möglich. Gestützt auf Absatz 1 kann beispielsweise
auch angeordnet werden, dass die Halterin oder der Halter den Hund dem Amtstierarzt
zur Begutachtung vorführt.
Die Anordnungen sind unter Würdigung aller relevanten Umstände des
jeweiligen Einzelfalles nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung
des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Bei den
Anordnungen handelt es sich um Ordnungsverfügungen; die §§ 15
ff. OBG sind zu beachten.
Absatz 2 Satz 1 ermächtigt unter bestimmten Voraussetzungen, das Halten
von gefährlichen Hunden und Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 zu untersagen.
Ein die Untersagungsanordnung rechtfertigender schwerwiegender Verstoß
gegen Vorschriften des Gesetzes besteht beispielsweise, wenn ein Hund entgegen
§ 5 Abs. 2 Satz 1 unangeleint oder entgegen § 5 Abs. 2 Satz 3 ohne
Maulkorb ausgeführt wird. Zudem rechtfertigt die Nichterfüllung oder
der Wegfall von Erlaubnisvoraussetzungen oder die Nichtbeantragung der Erlaubnis
trotz behördlicher Fristsetzung eine Untersagungsverfügung. Letztlich
ist bei einer Versagung der Erlaubnis die Haltung zu untersagen.
Satz 2 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Halten eines großen
Hundes nach § 11 Abs. 1 untersagt werden kann. Wie in Satz 1 wird der Tatbestand
der Ermächtigungsnorm erfüllt, wenn ein schwerwiegender Verstoß
oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder
aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen vorliegt. Daneben kann eine
Untersagungsverfügung erlassen werden, wenn die Haltungsvoraussetzungen
nach § 11 Abs. 2 (Sachkunde, Zuverlässigkeit, Haftpflichtversicherung,
Kennzeichnungspflicht) nicht erfüllt sind oder die Haltungsvoraussetzungen
nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der zuständigen
Behörde nachgewiesen wurden.
Satz 3 ermächtigt die zuständige Behörde auch generell die Haltung
anderer gefährlicher Hunde, Hunde im Sinne des § 10 Abs. 1 und großer
Hunde zu untersagen. Eine solche Untersagungsanordnung wird regelmäßig
in Betracht kommen, wenn die Halterin oder der Halter bestimmte Haltungsanforderungen,
z.B. Sachkunde, Zuverlässigkeit oder Haftpflichtversicherung, nicht erfüllt.
Satz 4 ermächtigt die zuständige Behörde im Falle der Untersagung
anzuordnen, dass der Hund der Halterin oder dem Halter entzogen wird und an
eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist. Diese sog. "Wegnahme"
des Hundes ist erforderlich um sicherzustellen, dass Personen, denen die Haltung
ihres Hundes untersagt wurde und die nicht mehr über eine entsprechende
Erlaubnis zum Halten des Hundes verfügen, mit dem Hund nicht mehr umgehen.
Absatz 3 ermächtigt die zuständige Behörde, die Einschläferung
eines Hundes anzuordnen, der zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für
Leben oder Gesundheit sichergestellt wurde.
Besteht die gegenwärtige Gefahr weiterer Beißvorfälle, soll
der Hund unverzüglich nach § 24 Nr. 13 OBG in Verbindung mit §§
43 ff. PolG NRW sichergestellt und in Verwahrung genommen werden.
Die Verwahrung (§ 44 PolG) eines sichergestellten Hundes bei der Polizei
oder der zuständigen Ordnungsbehörde ist in der Regel unzweckmäßig.
Die Verwahrung soll nach entsprechender Beauftragung in einem Tierheim oder
einer vergleichbaren Einrichtung erfolgen. Erforderlichenfalls kommt eine Inanspruchnahme
durch Ordnungsverfügung nach § 19 OBG in Betracht.
Eine Einschläferung des sichergestellten und verwahrten Hundes ist als
"ultima ratio" nur zulässig, wenn durch andere Maßnahmen
die von dem Hund ausgehende Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit von Menschen
oder Tieren nicht wirksam abgewendet werden kann.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, insbesondere die Gefährlichkeit des
Hundes, ist auf der Grundlage einer Stellungnahme des amtlichen Tierarztes zu
beurteilen. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit oder die Unvermittelbarkeit
des Hundes allein rechtfertigen eine Einschläferung nicht. In Fällen,
in denen auch in Tierheimen oder vergleichbaren Einrichtungen eine Gefahr durch
Haltung oder Betreuung nicht oder nur mit unverhältnismäßig
hohem Aufwand ausgeschlossen werden kann, kann allerdings in der Regel davon
ausgegangen werden, dass die Voraussetzung für die Anordnung einer Einschläferung
vorliegen.
Zu § 13 (Zuständige Behörden):
Nach Satz 1 sind für die Durchführung dieses Gesetzes die örtlichen
Ordnungsbehörden sachlich zuständig. Satz 1 erklärt darüber
hinaus die Ordnungsbehörde für örtlich zuständig, in deren
Bezirk der Hund gehalten wird. Damit wird hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit
für Aufgaben der Gefahrenabwehr an § 5 Abs. 1 Satz 1 OBG angeknüpft
und gegenüber § 4 OBG eine spezialgesetzliche Bestimmung über
die örtliche Zuständigkeit getroffen.
Im Rahmen der Überwachung stellt die zuständige Behörde sicher,
dass die Ge- und Verbote des Gesetzes befolgt werden, um präventiv weitere
Beißvorfälle möglichst zu verhindern. Bei der Planung und Organisation
eines Überwachungskonzeptes sollen Risikogesichtspunkte berücksichtigt
werden. Überwachungsmaßnahmen sollen sich zuerst auf Sachverhalte
erstrecken, bei denen das Gefahrenpotenzial für Beißvorfälle
besonders hoch ist.
Bei gefährlichen Hunden nach § 3 und bei Hunden im Sinne von §
10 Abs. 1 sowie deren Kreuzungen ist im allgemeinen von einem hohen Gefahrenpotenzial
auszugehen. Hier sollen die Regelungen des Gesetzes unverzüglich und konsequent
mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium und durch Ahndung von Ordnungswidrigkeiten
durchgesetzt werden.
Bei großen Hunden wird das Gefahrenpotenzial maßgeblich von der
Person der Halterin oder des Halters und den Umständen, unter denen das
Tier gehalten wird, mitbestimmt. In der Regel geht von diesen Hunden ein geringeres
Gefährdungspotenzial aus. Halterin oder Halter und Aufsichtspersonen dieser
Hunde sollten bei festgestellten Verstößen in der Regel zunächst
auf ihre Verpflichtungen hingewiesen und über mögliche Folgen bei
erneuten Verstößen aufgeklärt werden. Soweit allerdings wiederholt
Verstöße festgestellt werden, sind diese zu ahnden; ggf. sind die
Regelungen des Gesetzes mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium durchzusetzen.
Zu § 14 (Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder):
§ 14 regelt, dass bei dem Vollzug des Gesetzes von den zuständigen
Behörden Erlaubnisse, Befreiungen und Sachkundebescheinigungen, die von
zuständigen Stellen anderer Länder erteilt wurden, anerkannt werden
sollen. Damit wird sichergestellt, dass behördliche Entscheidungen über
und zur Beurteilung der Gefährlichkeit von Hunden und erforderliche Nachweise
der Halterin oder des Halters in Nordrhein-Westfalen anerkannt und nicht noch
einmal erbracht werden müssen. Voraussetzung dafür ist allerdings,
dass die Bescheinigungen den in dem Gesetz gestellten Anforderungen im Wesentlichen
entsprechen.
Zu § 15 (Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften):
Absatz 1 stellt klar, dass die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes
(z.B. §§ 2, 6, 8 bis 11, 13, 15 bis 24) gelten, soweit spezialgesetzlich
nichts Abweichendes bestimmt ist.
Absatz 2 regelt das Verhältnis kommunaler Vorschriften zu diesem Gesetz
oder zu den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen. In zahlreichen
nordrhein-westfälischen Kommunen gelten örtliche ordnungsbehördliche
Verordnungen, die Regelungen zum Halten von Hunden aller Art im Gemeindegebiet
enthalten. Die kommunalen ordnungsbehördlichen Rechtsvorschriften sollen
ihre Geltung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes behalten soweit sie nicht
im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen stehen.
Es bleibt den Kommunen unbenommen, auch künftig generelle Regelungen über
das Halten von Hunden zu treffen, die den örtlichen und regionalen Gegebenheiten
angepasst sind und beispielsweise die jeweilige Bevölkerungszahl, die Bevölkerungsdichte
sowie die Gesamtzahl von Hunden und den verfügbaren Freiraum berücksichtigen.
Mit den Anleingeboten des § 2 Abs. 3 und § 11 Abs. 6 führt der
Gesetzgeber insoweit lediglich eine landesweite in allen Städten und Gemeinden
geltende Mindestpflicht ein.
Zu § 16 (Ordnungsbehördliche Verordnungen):
Absatz 1 Satz 1 ermächtigt das für das Veterinärwesen zuständige
Ministerium ordnungsbehördliche Verordnungen zu erlassen, die zur Ausführung
dieses Gesetzes erforderlich sind.
Satz 2 bestimmt die Regelungsinhalte. Die Nummern 1 bis 4 ermöglichen konkretisierende
Vorschriften über die Verhaltensprüfung nach § 5 Abs. 3 Satz
3, die Sachkundeprüfung nach § 6, sowie die Anerkennung der Sachverständigen
und sachverständigen Stellen, die zur Erteilung einer Sachkundebescheinigung
berechtigt sein sollen. Durch die konkretisierenden Regelungen sollen die Anforderungen
an die Sachkunde- und Verhaltensprüfung landesweit vereinheitlicht, für
die betroffenen Hundehalterinnen und Hundehalter transparent gemacht und durch
eine veterinärfachlich kompetente Stelle erlassen werden.
Durch den Verweis in Satz 3 auf § 26 Abs. 3 des OBG wird das verordnungsgebende
Ministerium verpflichtet, die erlassenen Verordnungen unverzüglich dem
Landtag vorzulegen. Diese sind ggf. auf Verlangen des Landtages aufzuheben.
Absatz 2 Satz 1 ermächtigt den Verordnungsgeber durch ordnungsbehördliche
Verordnung zur Vermeidung von Gefahren weitere Rassen festzulegen. Durch die
Bindung an ein festzustellendes Gefährlichkeitspotential wird die wesentliche
Entscheidung, welche Art von Hunden in der Verordnung benannt werden können,
im Gesetz selbst getroffen. Bei der Festlegung von Rassen wird sich der Verordnungsgeber
an den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der für das Veterinärwesen
zuständigen Obersten Landesbehörden zu orientieren haben. Im Übrigen
steht dem Verordnungsgeber dabei eine Einschätzungs- und Entscheidungsprärogative
zu.
Die Bestimmung von Rassen, die unter präventiven Gesichtspunkten besondere
Anforderungen an den Umgang erfordern, erfolgt durch ordnungsbehördliche
Verordnung, weil durch Änderung der Verordnung schneller und flexibler
als dies durch ein Gesetzgebungsverfahren möglich wäre, auf gefährliche
Neuzüchtungen oder neue Erkenntnisse zur Bewertung der Gefährlichkeit
von Rassen reagiert werden kann.
Satz 2 stellt durch Verweis auf § 26 Abs. 3 OBG sicher, dass die Verordnung
dem zuständigen Landtagsausschuss vorgelegt wird.
Zu § 17 (Ausnahmen vom Anwendungsbereich):
§ 17 regelt, dass Hunde mit einer bestimmten Funktion, im Rahmen ihres
bestimmungsgemäßen Einsatzes den Vorschriften dieses Gesetzes nicht
unterfallen. Außerhalb des bestimmungsgemäßen Einsatzes sind
die Vorschriften dieses Gesetzes auf diese Hunde allerdings anzuwenden. Unabhängig
vom Einsatz muss die Pflicht zum allgemeinen gefahrvermeidenden Umgang nach
§ 2 Abs. 1 und die Pflicht zur fälschungssicheren Kennzeichnung nach
§ 2 Abs. 2 befolgt werden.
Zu § 18 (Einschränkungen von Grundrechten):
Durch dieses Gesetz oder durch dessen Vollzug können Grundrechtspositionen
eingeschränkt werden. So kann das in § 9 festgelegte Zucht-, Kreuzungs-
und Handelsverbot das Grundrecht der freien Berufsausübung, das Betretungsrecht
des § 4 Abs. 3 das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sowie auf
§ 12 Abs. 2 und 3 gestützte behördliche Anordnungen das Grundrecht
auf Eigentum berühren. Insofern trägt § 19 dem Zitiergebot des
Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Rechnung.
Zu § 19 (Strafvorschrift):
Für strafrechtliche Regelungen steht dem Bund nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1
des Grundgesetzes die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit zu. Durch
Art. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12. April
2001 (BGBl. I S. 530 (532)) hat der Bundesgesetzgeber den neuen Tatbestand des
§ 143 "Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Hunden" in das
Strafgesetzbuch eingefügt. Danach wird bestraft, wer einem durch landesrechtliche
Vorschrift erlassenen Verbot, einen gefährlichen Hund zu züchten oder
Handel mit ihm zu treiben, zuwider handelt oder, wer ohne die erforderliche
Genehmigung oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung einen gefährlichen
Hund hält. Dass der Bundesgesetzgeber damit strafbares Verhalten im Zusammenhang
mit dem Umgang von Hunden abschließend regeln wollte, ist nicht erkennbar.
Vielmehr beschränkt sich die Regelung ausschließlich auf die Sanktionierung
eines unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden. Insofern steht es dem
Landesgesetzgeber frei, darüber hinaus weitere Strafvorschriften zu schaffen.
Dies ist in Absatz 1 geschehen. In den Nrn. 1 und 2 sind Tatbestände aufgeführt,
die nach Einschätzung des Gesetzgebers strafwürdig sind. Danach wird
mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einen
Hund auf Menschen oder Tiere hetzt (Nr. 1) und entgegen § 2 Abs. 3 einen
Hund mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausbildet (Nr. 2).
Absatz 2 ermöglicht die Einziehung des Hundes, auf den sich die Straftat
bezieht, nach Satz 2 auch unter den erweiterten Voraussetzungen des § 74
a StGB.
Zu § 20 (Ordnungswidrigkeiten):
Die Wirksamkeit der in dem Gesetz getroffenen ordnungsbehördlichen Regelungsinstrumente
erfordert die Festlegung von Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen gegen
alle Wesentlichen Pflichten (Absatz 1 und 2). Im Hinblick auf eklatante Fälle
der Vergangenheit und zur wirksamen Abschreckung wird ein Bußgeldrahmen
in Höhe von 100.000,-- EUR festgesetzt (Absatz 3).
Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten dürfen
als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit Gegenstände nur eingezogen werden,
soweit das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Da insbesondere nach
wiederholten Ordnungswidrigkeiten von Halterinnen und Haltern die Allgemeinheit
durch den weiteren Besitz der Tiere gefährdet wird, ist die Möglichkeit
der Einziehung nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes
neben der Sicherstellung ein weiteres und endgültiges Mittel der Gefahrenabwehr
(Absatz 4).
Absatz 5 bestimmt, dass die nach § 13 zuständige Behörde auch
Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes
ist. Damit ist sichergestellt, dass präventive und repressive Maßnahmen
in einer Hand liegen.
Zu § 21 (Übergangsvorschriften):
Um eine weitgehende Kontinuität des Vollzugs gegenüber der LHV NRW
zu gewährleisten und um Hundehalterinnen oder Hundehalter und zuständige
Behörden nicht mit wiederholenden Verwaltungsaufwand zu belasten, werden
weitgehende Übergangsvorschriften erlassen. Dies ist auch in der Sache
gerechtfertigt, da im Rahmen des Vollzugs der LHV NRW weitgehend die durch das
Gesetz geforderten Prüfungen bereits erfolgt und Verwaltungsentscheidungen
ergangen sind. So gelten die nach § 4 Abs. 1 der LHV NRW erteilten Erlaubnisse
(Absatz 1), ordnungsbehördliche Entscheidungen nach § 6 Abs. 4 LHV
NRW zur Befreiung von der Maulkorbpflicht (Absatz 2) oder eine Anzeige nach
§ 1 Abs. 2 LHV NRW (Absatz 3 Satz 1) fort. Auch die im Zusammenhang mit
dem Vollzug der LHV NRW erbrachten Nachweise über die Kennzeichnung des
Hundes, zur Sachkunde und Zuverlässigkeit sowie über das Vorliegen
einer Haftpflichtversicherung für den Hund sind bei dem Vollzug des Gesetzes
von der zuständigen Behörde anzuerkennen (Absatz 3 Satz 2).
Absatz 4 stellt sicher, dass Personen für die Haltung eines gefährlichen
Hundes kein besonderes Interesse im Sinne des § 4 Abs. 2 benötigen,
sofern mit Bezug auf diesen Hund die Vorschrift des § 4 Abs. 3 der LHV
NRW gegolten hat.
Zu § 23 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten):
Absatz 1 Satz 1 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Satz 2 bestimmt, dass
gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die Landeshundeverordnung außer
Kraft tritt.
Absatz 2 verschiebt für die Hunde der Rassen Alano und American Bulldog
sowie deren Kreuzungen das Inkrafttreten der Erlaubnispflicht des § 4 auf
6 Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Diese Übergangsfrist ist erforderlich,
da die Hunde der genannten Rassen im Rahmen der LHV NRW einer Erlaubnispflicht
nicht unterlagen.
Edgar Moron Sylvia Löhrmann
Carina Gödecke Johannes Remmel
Irmgard Schmid Reiner Priggen
Hans-Willi Körfges
und Fraktion und Fraktion